Geplanter Nato-Truppenabzug:Krisenforscher warnen vor Bürgerkrieg in Afghanistan

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2014 will die Nato die letzten Soldaten aus Afghanistan abziehen. Die International Crisis Group befürchtet, dass die afghanische Polizei und Armee damit überfordert sind, die Sicherheit in dem Land zu garantieren - und warnt vor einem Auseinanderbrechen der Regierung und einem Bürgerkrieg. Schon jetzt ist die Lage prekär.

Der geplante Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan im Jahr 2014 könnte nach Ansicht der International Crisis Group (ICG) zu einem Auseinanderbrechen der Regierung und sogar einem Bürgerkrieg führen. In einem Bericht der Nichtregierungsorganisation, die ihren Hauptsitz in Brüssel hat, heißt es: "Es besteht eine reale Gefahr, dass das Regime in Kabul beim Rückzug der Nato kollabiert"

Schon jetzt ist die Sicherheitslage in Afghanistan prekär. Die deutsche Heinrich-Böll-Stiftung zieht deshalb einem Bericht des Spiegels zufolge ihre deutsche Direktorin Marion Regina Müller aus der afghanischen Hauptstadt Kabul ab.

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins will die Stiftung ihre Arbeit in dem Land von 2013 an nur noch von Berlin aus koordinieren. Die ohnehin instabile Sicherheitslage habe sich seit der Bekanntgabe des Abzugs der internationalen Truppen bis 2014 weiter verschärft, heißt es demnach von Seiten der Böll-Stiftung.

Die International Crisis Group warnt nun, dass sich die Situation in Afghanistan nach dem endgültigen Truppenabzug noch einmal drastisch verschlechtern könne. Die Staaten der Nato-geführten Isaf-Truppe wollen ihre Kampfeinheiten bis 2014 komplett aus Afghanistan abziehen, der Rückzug hat schon begonnen.

Die afghanische Armee und die Polizei des Landes seien "überfordert mit und unvorbereitet auf den Übergang", warnt die Crisis Group. Würde ein "verpfuschter" Urnengang mit Wahlfälschungen wie bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2009 und 2010 erneut zu Unruhen führen, würden die Sicherheitskräfte die Lage nicht unter Kontrolle halten können.

Afghanische Regierung weist Befürchtungen zurück

Hinzu komme, dass der afghanische Staatschef Hamid Karsai "mehr daran interessiert zu sein scheint, seine eigene Macht mit allen Mitteln aufrecht zu erhalten, als die Glaubwürdigkeit des politischen Systems und die langfristige Stabilität des Landes zu sichern". Die Crisis Group warnt davor, dass Karsai - der nicht erneut kandidieren darf - versuchen könnte, einem ihm genehmen Kandidaten den Boden zu bereiten. Andererseits sieht sie die Gefahr, dass der Staatschef den Ausnahmezustand erklärt - was zu einem Bürgerkrieg führen könnte.

Schon jetzt müssten daher Schritte in die Wege geleitet werden, um einen stabilen Übergang zu sichern, fordert die Organisation. "Das Fenster für Gegenmaßnahmen schließt sich sehr schnell."

Die afghanische Regierung bezeichnete die Befürchtungen der britischen BBC zufolge als "Nonsens und Müll". "Unsere Nation wurde nicht erst 2002 geboren. Wir haben eine 5000 Jahre alte Geschichte. Schon in der Vergangenheit haben wir gegen übermächtige Staaten gekämpft. Unsere nationale Polizei und Armee sind bereit, die Seele und Souveränität des Landes zu verteidigen", teilte sie demzufolge mit. Wenn die internationale Gemeinschaft ihre Zusagen für eine weitere Unterstützung einhalte, wäre der Rückzug der Nato-Truppen im Jahr 2014 kein Problem.

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