Georgien-Krieg: Ein Jahr danach:Säbelrasseln zum Jahrestag

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Verbale Attacken statt Gedenken: Während Russlands Präsident Medwedjew den Militäreinsatz verteidigt, wirft Georgiens Präsident Saakaschwili Russland vor, eine neue "Berliner Mauer" errichtet zu haben.

Russland und Georgien haben am ersten Jahrestag des Südkaukasuskriegs erneut um die von Tiflis abtrünnige Region Südossetien gestritten. Der russische Präsident Dmitrij Medwedjew schloss eine Wiedervereinigung Georgiens mit Südossetien aus. Russland habe die Region als unabhängiges Land anerkannt und werde sie wirtschaftlich und militärisch unterstützen, sagte Medwedjew am Samstag nach Angaben der Agentur Interfax.

"Solche Entscheidungen werden ein für alle Mal getroffen": Russlands Präsident Medwedjew bei einem Truppenbesuch in Nordossetien. (Foto: Foto: dpa)

"Solche Entscheidungen werden ein für alle Mal getroffen", betonte der Kremlchef. Die Ereignisse des vergangenen Jahres hätten die Landkarte des Kaukasus endgültig neu gezeichnet, sagt er bei einem Truppenbesuch in der nordossetischen Hauptstadt Wladikawkas. Die russische Armee habe die Vernichtung Südossetiens verhindert. Die Anerkennung der abtrünnigen Provinzen sei die einzige mögliche Lösung des Konflikts gewesen. Dagegen erklärte Georgiens Präsident Michail Saakaschwili, er halte am Ziel der territorialen Unversehrtheit seines Landes fest. Moskau und Tiflis geben sich bis heute gegenseitig die Schuld an dem Krieg, in dessen Folge auch die diplomatischen Beziehungen beendet wurden.

Im früheren Kriegsgebiet Südossetien und in Moskau gedachten in der Nacht zum Samstag tausende Menschen des Blutvergießens vor einem Jahr. Der Krieg brach in der Nacht zum 8. August aus. Russlands Truppen waren in Georgien einmarschiert, nachdem georgische Soldaten Südossetien angegriffen hatten. Mehr als 600 Menschen starben, Tausende wurden verletzt, Zehntausende verloren ihr Zuhause. Die beiden Gebiete wurden weltweit nur von Russland und Nicaragua als eigenständige Staaten anerkannt.

Medwedjew reiste zu Gedenkfeiern in die an Südossetien grenzende russische Teilrepublik Nordossetien, um in Wladikawkas die Soldaten der 58. Armee zu ehren. "Egal, was auch immer gesagt wird - unser Weg ist der richtige", sagte er bei dem Besuch. Medwedjew verlieh den Offizieren und Soldaten Orden, die im August 2008 die Speerspitze der russischen Gegenoffensive gegen Georgien gebildet hatten. Außerdem sicherte er dort lebenden Vertriebenen weitere Hilfe zu.

Neue "Berliner Mauer" errichtet

Bei einer Gedenkrede in der georgischen Stadt Gori - dem Geburtsort des Sowjetdiktators Josef Stalin - warf Präsident Saakaschwili Russland vor, das Land durch den Krieg zerrissen zu haben. Russland habe mit seiner Besetzung der von Georgien abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien eine neue "Berliner Mauer" errichtet, durch die Familien und Freunde getrennt seien, sagte Saakaschwili.

Medwedjew hält eine Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen Tiflis und Moskau nur mit einer neuen georgischen Führung für möglich. Außerdem warnte er erneut vor Waffenlieferungen an Georgien. Alle Länder sollten sich verantwortlich verhalten und das in die Nato strebende Land nicht mit einer Wiederaufrüstung zu neuen Militärabenteuern ermuntern, heißt es in einem Schreiben des Kremlchefs an Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, das die Agentur Interfax veröffentlichte.

Im August 2008 hatte Sarkozy als damaliger EU-Ratspräsident den Waffenstillstand zwischen Georgien und Russland vermittelt. Saakaschwili betonte, dass er die territoriale Unversehrtheit auf friedlichem Wege wiederherstellen wolle. "Wir wollen die Eindringlinge besiegen, aber natürlich nicht mit Krieg, sondern mit Demokratie und Frieden", sagte er. Russland wirft dem Nachbarn neue Kriegspläne für eine mögliche Rückeroberung Südossetiens vor.

"Die Anerkennung der Unabhängigkeit von Südossetien und Abchasien war die einzige Möglichkeit. Nur so konnten wir die Sicherheit der Menschen und die Stabilität im Kaukasus gewährleisten", sagte Medwedjew. Russland werde auch künftig vor allem militärische Hilfe leisten, um einen möglichen neuen Angriff Georgiens zu verhindern. In Südossetien und Abchasien sind Tausende russische Soldaten stationiert. In der südossetischen Hauptstadt Zchinwali wurde am Samstag ein "Genozid"-Museum eröffnet, in dem den Georgiern Völkermord an den Osseten vorgeworfen wird.

© dpa/Reuters/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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