FDP scheitert an Fünf-Prozent-Hürde:Versiebt in Berlin

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Parteichef Rösler hat es nicht geschafft, die Liberalen in Berlin über die Fünf-Prozent-Hürde zu bringen. Er konnte weder als Anführer einer durchsetzungsfähigen FDP noch als Vorkämpfer für einen stabilen Euro überzeugen. Mit seinen Äußerungen zu Griechenland dürfte er zwar seinen Bekanntheitsgrad gesteigert haben - die Frage ist nur: zu welchem Preis?

Peter Blechschmidt, Berlin

Es hat alles nichts genutzt. Nicht die öffentliche Demütigung des eigenen Außenministers Guido Westerwelle in der Libyen-Frage. Nicht der Versuch, mit der Idee von der geordneten Staaten-Insolvenz die Euro-Skeptiker für sich zu gewinnen. Nicht die offene Unbotmäßigkeit gegenüber der Kanzlerin, deren Mahnungen zur Mäßigung in Sachen Finanzkrise in den Wind geschlagen wurden.

Philipp Rösler, Vizekanzler, Bundeswirtschaftsminister und Chef der FDP, hat es nicht geschafft, seine Partei bei der Wahl zum Berliner Landesparlament über die Fünf-Prozent-Hürde zu bringen. Mit 1,8 Prozent sind die Freidemokraten aus dem Abgeordnetenhaus geflogen.

Von Wahlparty konnte deshalb am Sonntagabend in der Bundeszentrale der FDP denn auch keine Rede sein. Nur ein kleines Häuflein Aufrechter hatte sich überhaupt ins Thomas-Dehler-Haus getraut. Die "Spaßpartei" des Satirikers Martin Sonneborn hatte sich eingeschlichen und löste mit ihrem Jubel einen mittleren Tumult aus, als um 18 Uhr die Sender die Werte der FDP tief im Minus versenkten, während oben im dritten Stock das Präsidium über einer Sprachregelung für die Wahlanalysen brütete.

Es ist ja nicht so, dass die Berliner FDP in den vergangenen fünf Jahren eine strahlende Vorstellung abgegeben hätte. Insofern trägt die Landespartei ein gerüttelt Maß an eigener Verantwortung für das schlechte Abschneiden. Doch die jüngsten Niederlagen sind eben auch die Niederlagen Röslers, der im Mai Westerwelle an der Parteispitze abgelöst hatte.

Bei acht von neun Wahlen in diesem Jahr hat die FDP schwere Verluste erlitten, in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und jetzt in Berlin ist sie aus den Landtagen geflogen. Auch wenn Röslers Helfer die Erwartungen etwa in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin vorsorglich kleingeredet hatten, so hatten sie doch insgeheim gehofft, dass der Führungswechsel Auftrieb geben würde. Vergebens.

Rösler hat es nicht geschafft, sich rechtzeitig ein scharfes Profil zu geben. Gewiss, mit seinen Äußerungen zu Griechenland dürfte er seinen Bekanntheitsgrad gesteigert haben; aber um welchen Preis? Mit der Einschätzung, dass viele Bürger über die Zukunft des Euro verunsichert sind und viele Liberale mehr Eigenständigkeit gegenüber der Union wünschen, liegt Rösler ja nicht falsch. Doch weder als Vorkämpfer für einen stabilen Euro noch als Anführer einer durchsetzungsfähigen FDP konnte er bisher überzeugen. Am Montag nun will er den Führungsgremien darlegen, wie er sich die Wiederbelebung der FDP vorstellt.

© SZ vom 19.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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