FDP-Politiker will Hartz IV kürzen:"Keine Lust zu arbeiten"

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Der Berliner FDP-Spitzenkandidat Lindner will Hartz-IV-Empfängern die Bezüge um 30 Prozent kürzen - und sie im Gegenzug zu bezahlter, gemeinnütziger Arbeit verpflichten.

Der Berliner FDP-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Martin Lindner, hat eine Kürzung des Hartz-IV-Regelsatzes um bis zu 30 Prozent vorgeschlagen. Im Gegenzug sollten Empfänger staatlicher Sozialleistungen zu bezahlter, gemeinnütziger Arbeit herangezogen werden, sagte Lindner in der N24-Sendung "Studio Friedman".

Arbeit für das Gemeinwohl: Ein Straßenarbeiter bläst Laub vom Gehsteig. (Foto: Foto: AP)

"Die soziale Sicherung kann man auch so überdrehen, dass die Leute keine Lust mehr haben, weil sie genau so gut oder besser dastehen, wenn sie Hartz IV kassieren, als wenn sie bestimmte Berufe im Dienstleistungsgewerbe ausüben", begründete Lindner seinen Vorstoß. Gerade in Berlin gebe es "extrem viele Menschen, die sind gesund, die sind arbeitsfähig, und die haben schlichtweg keine Lust, zu arbeiten".

Damit argumentiert Lindner ähnlich wie Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazi, der ebenfalls Schlagzeilen mit Kritik an Härtz-IV-Empfängern gemacht hat. Sarrazin warf ihnen zum Beispiel vor, sie gingen oft verschwenderisch mit Energie um, weil Städte und Gemeinden die Heizkosten übernähmen. "Hartz-IV-Empfänger sind erstens mehr zu Hause; zweitens haben sie es gerne warm, und drittens regulieren viele die Temperatur mit dem Fenster", sagte Sarrazin dem Stern zufolge.

Auch der JU-Vorsitzende Philipp Mißfelder hat bereits Erfahrungem mit Hartz-IV-Fettnäpfchen. Mit Blick auf die Anhebung des Hartz-IV-Kinderregelsatzes zum 1. Juli hatte er gesagt, die Erhöhung sei ein "Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie".

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) macht Vorurteile wie dieses und allgemeine Unkenntnis dafür verantwortlich, dass Hartz-IV-Empfänger sich so schwer tun, Arbeit zu finden. Deswegen macht sie nun Werbung für Hartz-IV-Empfänger. Ziel der in Berlin vorgestellten 1,5 Millionen Euro teuren Kampagne ist es, vor allem in Handwerksbetrieben für die Beschäftigung von Arbeitslosen aus der Grundsicherung zu werben.

Dort gebe es noch viele Vorbehalte, sagte BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt. Entgegen der landläufigen Meinung seien 40 Prozent der Hartz-IV-Empfänger keine Langzeitarbeitslosen, sondern weniger als sechs Monate arbeitslos. Die Mehrheit sei gut qualifiziert. Von den 211.500 Arbeitslosen aus handwerklichen Berufen, die im Mai Hartz IV bezogen hätten, habe mehr als die Hälfte einen Berufsabschluss.

Alt verteidigte die Kosten der mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) initiierten Kampagne. Dieser Betrag sei bei jährlichen Gesamtkosten von etwa 45 Milliarden Euro für die Hartz-IV-Grundsicherung angemessen, um die Beschäftigungschancen der Arbeitslosen zu erhöhen. Finanziert werde dies aus dem Hartz-IV-Etat und damit aus Steuermitteln.

© AFP/Reuters/bavo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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