FDP-Politiker Stefan Birkner:Einer für Rösler

Lesezeit: 2 min

Viele wettern gegen Philipp Rösler und gewinnen damit Wahlen - doch er macht da nicht mit. Fast tollkühn scheint es, dass Parteifreund Stefan Birkner loyal zum FDP-Chef steht. Nicht nur das macht Niedersachsens Spitzenkandidaten interessant.

Jens Schneider

Es gibt Parteien, in denen Loyalität oft mutig und fast tollkühn erscheint. Die FDP befindet sich seit einiger Zeit in diesem Zustand. Wer zuletzt in dieser Partei bei Wahlen Erfolg hatte, schaffte das, indem er sich von der Führung abgrenzte. Wolfgang Kubicki in Kiel oder Christian Lindner in Düsseldorf wurden gewählt, obwohl sie in der FDP von Philipp Rösler sind. Da erscheint die Strategie von Stefan Birkner, 39, wie ein Experiment: Der Spitzenkandidat in Niedersachsen hält vor der Landtagswahl im nächsten Januar treu zu Rösler.

Niedersachsens Umweltminister und Spitzenkandidat Stefan Birkner (FDP) hält zu Rösler. Damit unterscheidet er sich von Parteikollegen. (Foto: dpa)

Nicht allein das macht Birkner, einen extrem sachlichen Juristen, interessant. Als Umweltminister treibt er die Bemühungen um ein Gesetz für die Suche nach einem Atom-Endlager voran. Er sucht - anders als bürgerliche Politiker sonst - den Dialog mit den Atomkraftgegnern beispielsweise aus dem Wendland rund um Gorleben. Das irritiert manche, andere nehmen es als Ausdruck eines Wandels wahr.

Und Birkner glaubt, dass die FDP wegen ihrer und nicht gegen ihre Politik gewählt werden sollte. Er nennt die Koalition mit David McAllister das "bestfunktionierende schwarz-gelbe Bündnis". So empfand es der Liberale aus Hannover als Affront, als Wolfgang Kubicki über eine Ampel-Koalition für den Bund spekulierte. "Es stört uns massiv im Wahlkampf", so Birkner, "wenn die schwarz-gelbe Koalition infrage gestellt und mit der Ampel eine Option aufgebaut wird, von der wir so weit entfernt sind, wie es nur überhaupt vorstellbar ist."

Provozierende Nüchternheit als Vorzug

Birkner hält aus Überzeugung zu Rösler, seinem Vorgänger als Landes-Chef, aber er hat auch kaum eine andere Wahl. Der Kandidat hat weder den Bekanntheitsgrad noch das Temperament für Quertreiberei und Spektakel. "Es wird schon mal die Idee herangetragen, ein Thema populistisch zu besetzen und damit zu punkten", bekennt Birkner: "Ich habe für mich die Erfahrung gemacht, dass das nicht gutgeht. Es passt nicht zur mir."

Provozierende Nüchternheit wird von Kabinettskollegen als Vorzug genannt. Dazu passt, dass der zweifache Vater als Macher im Hintergrund aufstieg. Er hatte nach dem Zivildienst Jura studiert und dann an der Viadrina in Frankfurt/Oder über "Durchfahrtsrechte von Handels- und Kriegsschiffen durch die türkischen Meerengen" promoviert. 2003 wurde er Referent des damaligen FDP-Umweltministers und - nachdem er zwischendrin Staatsanwalt und Richter war - dessen Büroleiter und später Staatssekretär. 2012 übernahm Birkner das Ministerium.

Er ist mit Rösler befreundet, und das meint nicht die Kategorie der politischen Freundschaft, bei der Verrat zum Repertoire gehört. Die Familien treffen sich privat. Birkner weiß, dass der Gefährte angeschlagen ist: Rösler sei "als Vorsitzender auf die Unterstützung der Vorstandskollegen angewiesen - daran mangelt es". Auch in der Landespartei rumort es. Aber die Niedersachsen wollen den alten Chef bald mit einem Top-Ergebnis zur Nummer eins ihrer Landesliste wählen.

© SZ vom 06.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: