FDP-Mitgliedervotum:Jeder misstraut jedem

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Seit Dienstag um Mitternacht ist das Mitglieder-Votum der FDP beendet, das Ergebnis soll am Freitag bekanntgegeben werden. Die herrschende Nervosität zeigt, wie schlecht es um die Parteispitze bestellt ist: FDP-Chef Rösler hat sich unbeliebt gemacht, weil er das Votum frühzeitig für gescheitert erklärte. Fraktionschef Brüderle wird unterstellt, er wolle den glücklosen Vorsitzenden ablösen. Nicht einmal die Frage ist geklärt, wer beim Dreikönigstreffen reden darf.

Peter Blechschmidt

In der FDP-Spitze liegen die Nerven blank. Die Nervosität über den Ausgang des Mitgliederentscheids ist mit Händen zu greifen. Der Vorsitzende Philipp Rösler ist verunsichert; er spürt, wie die Enttäuschung über sein glückloses Agieren als Parteichef um sich greift. Der Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle muss sich mal wieder des Verdachts erwehren, er wolle Rösler von der Parteispitze verdrängen. Generalsekretär Christian Lindner versucht, mit ziselierten Darstellungen von Gremiensitzungen den eigenen Frust zu überspielen. Und in der zweiten und dritten Reihe traut jeder jedem alles zu, allerdings nichts Gutes.

Hat Philipp Rösler (re.) es ihm verwehrt oder nicht? FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle wird nicht beim traditionellen Dreikönigstreffen sprechen. (Foto: dpa)

Seit Dienstagabend um Mitternacht ist die Frist für die schriftliche Stimmabgabe zum Mitgliederentscheid abgelaufen. Am kommenden Freitag soll das Ergebnis verkündet werden. Alles spricht dafür, dass sich Röslers Prognose als richtig erweisen wird, dass das für eine bindende Wirkung des Abstimmungsergebnisses benötigte Quorum von einem Drittel der Parteimitglieder verfehlt wird. Selbst dann, wenn man bedenkt, dass nach Angaben der Bundesgeschäftsstelle noch alle Wahlbriefe berücksichtigt werden sollen, die bis Freitagmittag bei der Zählkommission in Bonn eingehen.

Röslers Vorhersage war angesichts des bekanntermaßen schleppenden Rücklaufs von Wahlbriefen keine Sensation. Dennoch nahmen seine Kritiker die Bemerkung als Vorlage, dem Vorsitzenden undemokratische Gesinnung und den Versuch der Manipulation zu unterstellen. Das war ein klares Indiz für die aufgeheizte Stimmung in der Partei und ein sicheres Zeichen dafür, dass der erst seit Mitte Mai amtierende Vorsitzende längst nicht mehr unangefochten ist.

Symptomatisch für das tiefsitzende Misstrauen ist auch die Intensität, mit der nach der Quelle für eine Spiegel-Meldung vom Sonntag gefahndet wird. Rösler habe Brüderle einen Redeauftritt beim Dreikönigstreffen in Stuttgart verwehrt, hieß es in dem Magazin, und damit sei eine jahrelange Tradition verletzt worden, wonach der Fraktionschef im Bundestag stets auf der Veranstaltung gesprochen habe. Das stimmt allerdings nur bis zum Jahr 2006. Solange war Guido Westerwelle Parteichef, und die Fraktion wurde von Wolfgang Gerhardt geführt. Nachdem Westerwelle in Personalunion beide Ämter innehatte, redete neben ihm der jeweilige Generalsekretär. So soll es auch am 6. Januar 2012 sein.

In Brüderles Umfeld wird heftig bestritten, der Fraktionsvorsitzende habe den Parteichef um das Rederecht an Dreikönig gebeten. Und die Quelle für die (falsche) Indiskretion sei Brüderle schon gar nicht. Er wird auf dem Landesparteitag am Vorabend von Dreikönig ein "Grußwort" sprechen, so wie schon in den Jahren zuvor. Im Januar dieses Jahres allerdings wurde daraus eine denkwürdige Veranstaltung. Auch damals hatte die FDP in Westerwelle einen Vorsitzenden, der auf der Kippe stand. Und es gab einen Bundeswirtschaftsminister Brüderle, der sich mit einem fulminanten "Grußwort" als potentieller Nachfolger präsentierte.

© SZ vom 14.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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