Interview am Morgen:"Afrika ist für viele immer noch der Kontinent der Opfer, nicht der Möglichkeiten"

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In einer Textilfabrik in Äthiopien wird Kleidung für den deutschen Markt genäht - mit modernster Technik. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Dabei biete der Kontinent viele Chancen, auch für Mittelständler, sagt der Unternehmer Jean-Louis Warnholz im Interview am Morgen.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Von Mittwoch an berät die EU mit Staatschefs aus Afrika darüber, wie der Kontinent vorankommen kann. Ideen dazu hat der Unternehmer Jean-Louis Warnholz, 35. Er investiert mit der Firma Blackivy in Afrika. Zu den Projekten gehören ein Hafen in Tansania, sowie ein Gewerbepark und Wohnungen in Ghana.

Warnholz hat mit dem britischen Ökonom Paul Collier gearbeitet, der die Bundesregierung berät. Später war er im US-Außenministerium unter Hillary Clinton tätig.

SZ: Herr Warnholz, was erwarten Sie sich von dem Treffen der EU mit afrikanischen Staatschefs?

Jean-Louis Warnholz: Ich erhoffe konkrete Ansätze, um nachhaltige Investitionen in die Region zu holen. Der Westen hat viele Jahre in Bildung investiert, zusammen mit afrikanischen Partnern, und jetzt haben sie gut ausgebildete Menschen, die sich im Internet gut auskennen und stark sind in Mathematik. Dann aber bekommen sie keinen Job. Insgesamt gilt: Hilfsgelder allein setzen die Wirtschaft nicht in Gang.

"Hilfsgelder allein setzen die Wirtschaft nicht in Gang": Jean-Louis Warnholz investiert in Afrika. Er ist der Meinung, die private Wirtschaft könne dort eine Menge bewegen. Deren Sicht des Kontinents sei oft zu negativ. (Foto: privat)

Also mehr Kapitalismus anstatt Entwicklungshilfe?

Grundsätzlich ja. Natürlich gibt es Regionen, in denen Hilfsgelder noch extrem wichtig sind. In Wachstumsmärkten wie Ghana kann die Privatwirtschaft aber viel mehr bewirken, sie ist viel nachhaltiger. Es gibt viele Chancen in Afrika, die aber nicht wahrgenommen werden, weil viele Unternehmer ein völlig falsches Bild von Afrika haben, als Kontinent, auf dem nur Krieg und Hunger herrschen. Dabei gibt es Chancen, die Märkte sind vorhanden, die Rohstoffe auch - und die Motivation ist hoch bei der Bevölkerung.

Auch die Politik scheint das erkannt zu haben, setzt auf einen Marshallplan mit Afrika. Wie finden Sie das?

Die Namensgebung ist unglücklich, aber die Akzente mit Fokus auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit und private Investitionen sind richtig. Andererseits sind solche Konzepte auch nicht so neu. Die Weltbank ist auch immer mal wieder an großen Industrieparks beteiligt, da werden dann große Pläne gemacht, die Parks stehen aber oft leer, weil sie völlig am Bedarf und der Marktrealität vorbeigehen.

Was machen Sie anders?

Wir bauen in Ghana einen großen Industriepark, auf dem sich deutsche Firmen ansiedeln werden, Bosch, Grohe und DHL sind dabei. Deutsche Qualität ist auch in Afrika sehr gefragt, die chinesischen Produkte, die den Markt überschwemmen, sind nicht immer die besten. Aber bisher gibt es kaum deutsche Kühlschränke, Bohrmaschinen oder Wasserhähne zu kaufen. Das wollen wir ändern. Alles ist komplett privat finanziert, wir machen den Firmen klar, dass es in Ghana einen Markt gibt, dass hier gutes Geld verdient werden kann.

Kostet das viel Überzeugungsarbeit?

Manchmal schon, in Deutschland wird oft gefragt, ob das da überhaupt sicher ist in Ghana, dabei ist es viel angenehmer als in manchen Teilen Amerikas.

Dieselben Mittelständler haben oft eine Produktion in Fernost, Afrika meiden sie eher. Warum?

Afrika ist für viele immer noch der Kontinent der Opfer, nicht der Möglichkeiten. Es gibt im Mittelstand noch zu viel Skepsis. Dabei ist jetzt gerade die beste Zeit, um hier zu investieren. Es ist ja alles da: Strom, Infrastruktur, Rohstoffe und Bildung.

Sie werden in Ihrem Industriepark auch Textilien herstellen. In Deutschland ist das etwas verpönt, wird als Ausbeutung kritisiert.

Und trotzdem wollen alle billige Kleidung kaufen. Es gibt gute und schlechte Firmen. DTRT, die bei uns eine große Fabrik aufmachen, zahlen höhere Löhne, haben gute Arbeitsbedingungen und verwenden neue, umweltschonende Technologie. Aus der Perspektive der Arbeitnehmer bieten die Jobs eine neue Perspektive, eine feste Bezahlung. Mit dem Lohn kann man sich ein kleines Häuschen mieten, das Schulgeld für die Kinder bezahlen. Es ist ein besseres Leben. Die Alternative sind oft Arbeitslosigkeit oder Gelegenheitsjobs, die kaum etwas einbringen.

Jemals Schmiergeld gezahlt?

Nein, wir sind auch nie gefragt worden.

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© SZ vom 29.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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