Erneut Ausschreitungen auf dem Taksim-Platz:"Bürgerkriegsähnliche Szenen"

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Die türkische Polizei geht erneut mit großer Brutalität gegen Proteste in Istanbul vor: Auf dem Taksim-Platz kommen auch am Abend Wasserwerfer und Tränengas zum Einsatz. Regierungschef Erdogan trotzt internationalen Mahnungen.

Wieder geht die türkische Polizei gegen eine große Kundgebung der Protestbewegung auf dem Taksim-Platz vor. Polizeieinheiten feuern Tränengas und Gummigeschosse in die Menge von mehr als zehntausend Menschen, die sich auf dem Platz versammelt haben. Demonstranten werfen Steine, heißt es.

SZ-Korrespondentin Christiane Schlötzer berichtet aus Istanbul: "Die Polizei geht weiter mit großer Brutalität im Zentrum von Istanbul vor. Die Luft ist von Gas erfüllt. Auf dem Taksim-Platz spielen sich bürgerkriegsähnliche Szenen ab."

Immer wieder versuchen Demonstranten trotz der Gasangriffe auf den Taksim-Platz zurückzukehren. Gouverneur Mutlu begründet den Angriff damit, dass aus "radikalen Gruppen" heraus, die Polizei vor dem Atatuerk-Kulturzentrum angegriffen worden sei. Die Tränengasschwaden waren jedoch sofort aus verschiedenen Richtungen gekommen, sagt Schlötzer: "Auch dieser Angriff der Polizei wirkte, wie schon am Morgen, wie geplant."

Am zwölften Tag der regierungskritischen Proteste in der Türkei hatte die Polizei den Taksim-Platz in Istanbul bereits am Morgen gestürmt, dabei kamen Wasserwerfer und Tränengas zum Einsatz. Nach Einschätzung von Beobachtern waren es Provokateure, die Steine und Molotowcocktails warfen. Premier Erdogan dankte der Polizei für ihren Einsatz und forderte die Demonstranten auf, auch den Gezi-Park zu verlassen. "Das Ende der Toleranz" sei erreicht, sagte Erdogan. Die Polizei brach wenig später ihr Versprechen - die Demonstranten im Gezi-Park in Ruhe zu lassen - und ging mit Tränengas gegen die Parkbesetzer vor. Diese drängten die Polizisten jedoch mithilfe einer Menschenkette zurück - friedlich.

Ausschreitungen in der Türkei
:Mit Tränengas gegen Demonstranten

Erstmals seit Beginn der Protestwelle räumen Polizisten mit Gewalt den Istanbuler Taksim-Platz. Schon in der Nacht zuvor standen sich auch in Ankara Einsatzkräfte und Demonstranten gegenüber. Die Atmosphäre rund um die Zentren der Ausschreitungen in Bildern.

Am frühen Abend wurden Dutzende Anwälte verhaftet, die eine Pressekonferenz im Gezi-Park vorbereiteten. Die Rechtsanwälte hätten Ermittlungen zu den brutalen Polizeieinsätzen gefordert, sagte der Präsident der Kammer. Stattdessen seien sie selbst festgenommen worden. Die türkische Anwaltskammer protestierte scharf gegen die Festnahme der Juristen.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, kritisierte das Vorgehen der Polizei bei der Räumung des Taksim-Platzes. "Mir macht das große Sorgen, wenn ich den Einsatz der Wasserwerfer und der großen Maschinen sehe", sagte der FDP-Politiker. Auf keinen Fall dürfe "Gewalt gegen Menschen" eingesetzt werden. Die Verantwortung dafür liege "bei denjenigen, die politisch das Sagen haben".

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