Erdoğans Präsidentenpalast:Komm, ich zeig' Dir meine Klobrillen

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Goldene Klobrillen im Präsidentenpalast? So ein Unsinn, sagt Erdoğan. Goldene Rüstungen kommen in seinem Prachtbau aber auf schon mal vor, wie bei dieser Zeremonie im März. (Foto: AP)

Goldene Toilettensitze im Präsidentenpalast? Diesen Vorwurf lässt Erdoğan nicht auf sich sitzen. Er lädt den Oppositionschef zur Ortsbegehung in seinen Prachtbau ein - und kündigt im Fall eines Goldfunds drastische Konsequenzen an.

Kemal Kılıçdaroğlu holte am Montag zum Rundumschlag gegen Recep Tayyip Erdoğan aus. Der türkische Oppositionschef schimpfte über die angeblich teuren Flugzeuge, die für den Präsident gekauft würden, und über den noch teureren Prachtbau, den er sich habe bauen lassen. Und vor allem beschwerte er sich über ein ganz besonderes Detail der Innenausstattung des neuen Präsidentenpalastes: Die Toilettensitze. Sie seien aus Gold, behauptete Kılıçdaroğlu, und sprach dem Präsidenten darob seine Regierungsbefähigung ab: "Wie können Sie den Volkswillen vertreten, wenn Sie auf einer goldenen Toilettenbrille sitzen?"

Verfügte Kemal Kılıçdaroğlu über geheime Insider-Informationen? Oder war sein Vorwurf eher metaphorisch gemeint? Erdoğan jedenfalls nahm den Oppositionschef beim Wort. Kılıçdaroğlu solle selbst im Palast vorbeikommen und nach goldenen Klodeckeln Ausschau halten, eine schriftliche Einladung sei bereits unterwegs. Sollte Kılıçdaroğlu fündig werden, so Erdoğan, "werde ich das Präsidentenamt abgeben".

Wahlkampf in der Türkei
:Erdoğan ist überall

Seit Atatürk hat kein Politiker die Türkei so sehr verändert wie Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Die Regierungspartei AKP hat er zu seiner eigenen Machtmaschine ausgebaut. Funktionäre, Anhänger, Gegner - eine Inspektion im Inneren.

Von Mike Szymanski

Am Sonntag wird in der Türkei gewählt. Kılıçdaroğlu kämpft mit seiner sozialdemokratischen CHP darum, die absolute Mehrheit der regierenden AKP zu verhindern. Erdoğan, der der AKP mehr als zehn Jahre lang vorsaß, ehe er 2014 zum Präsidenten gewählt wurde, wäre es sicher nicht unrecht, wenn der Oppositionschef sein verlockendes Angebot annähme - hieße das doch, dass der Chef der größten Oppositionspartei den Endspurt des Wahlkampfs nicht auf Bühnen, sondern auf Goldsuche in den mutmaßlich endlosen Gängen des Erdoğanschen Palastes zubringen müsste.

1150 Räume umfasst der Prachtbau, dessen Errichtung in einem Naturschutzgebiet in der Nähe von Ankara jüngst gerichtlich für illegal erklärt wurde. Wie viele Toiletten dabei sind, ist nicht bekannt. Vielleicht weiß es ja Kılıçdaroğlu. Er hat die Einladung auf jeden Fall ausgeschlagen.

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