Erbschaftsteuer:Bund und Länder einigen sich auf Erbschaftsteuerreform

Erbschaftsteuer: "Ich bin zufrieden, sogar sehr zufrieden", sagte CSU-Chef Horst Seehofer. In allerletzter Minute haben sich Bundestag und Länder auf eine Reform der Erbschaftsteuer geeinigt.

"Ich bin zufrieden, sogar sehr zufrieden", sagte CSU-Chef Horst Seehofer. In allerletzter Minute haben sich Bundestag und Länder auf eine Reform der Erbschaftsteuer geeinigt.

(Foto: Wolfram Kastl/dpa)

Kurz vor Ablauf der vom Verfassungsgericht gesetzten Frist haben Bundestag und Bundesrat einen Kompromiss gefunden. Der bayerische Ministerpräsident ist damit "sehr zufrieden".

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Praktisch in letzter Minute haben sich Bundestag und Bundesrat auf einen Kompromiss zur Reform der Erbschaftsteuer verständigt. Der Durchbruch gelang in der letzten Runde des Vermittlungsausschusses in der Nacht zum Donnerstag. Stimmen Bundestag und Bundesrat am Freitag dem Kompromiss zu, hält die große Koalition gerade noch die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist bis Ende September ein.

Schleswig-Holsteins grüne Finanzministerin Monika Heinold sagte der Süddeutschen Zeitung nach einer ersten Bewertung, man sei tatsächlich aufeinander zugegangen. "Ich werde das Ergebnis wohlwollend prüfen", fügte sie hinzu. "Mir ist es sehr wichtig, dass der Gesetzgeber und nicht das Bundesverfassungsgericht entscheidet." Auch der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sagte der SZ: "Ich bin zufrieden, sogar sehr zufrieden."

Nach einer Einigung sah es zunächst nicht aus

Am Mittwochabend hatte sich der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag zu seiner letzten regulären Sitzung getroffen. Nach Einigung sah es zuerst nicht aus. Die Verhandlungspartner hatten zunächst noch einmal deutlich ihre Verteidigungslinien gezogen. Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) forderte die CSU auf, sich kompromissbereit zu zeigen. CSU-Chef Horst Seehofer betonte erneut, er werde keinen Regeln zustimmen, die auf Steuererhöhungen hinauslaufen könnten. Auch die Grünen machten Zugeständnisse Seehofers zur Voraussetzung für einen Kompromiss.

Jenseits der öffentlichen Rituale war allerdings das Bemühen zu spüren, einen Kompromiss zustande zu bringen. Vor allem wegen der unkalkulierbaren Folgen eines erneuten Scheiterns. Grüne und SPD waren von der Sorge getrieben, dass das Bundesverfassungsgericht die Erbschaftsteuer ganz aussetzen könnte. Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident in Baden-Württemberg, hatte vor einem "gigantischen Haushaltsproblem" seines Landes gewarnt.

Die Union sorgte sich, dass das Gericht die als ungerecht beanstandeten Verschonungsregeln für Firmenerben streichen könnte. Dann müssten insbesondere Erben im Süden der Bundesrepublik deutlich mehr Steuern als bisher für ein Firmenerbe zahlen. Um das zu verhindern, hatte sich Seehofer persönlich auf den Weg nach Berlin gemacht. "Wir werden uns bemühen", sagte er vor seiner Abfahrt in die Bundeshauptstadt.

Alle Verhandlungspartner zusammen einte die Angst, den deutschen Regierungsbetrieb zu blamieren, wenn Gesetze von einem Gericht geschrieben werden.

Die Erbschaftsteuer macht nicht einmal ein Prozent der Einnahmen aus

Die Erbschaftsteuer gilt als Bagatellsteuer. Mit jährlich rund sechs Milliarden Euro macht die Ländersteuer nicht einmal ein Prozent an den Gesamteinnahmen aus. Das liegt auch an großzügigen Ausnahmen für Firmenerben. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Ausnahmen 2014 als verfassungswidrig eingestuft und die Bundesregierung aufgefordert, die Regeln zu reformieren.

Nach heftigen Streitigkeiten hatte sich die große Koalition im Februar auf einen Kompromiss geeinigt, der jedoch von Seehofer wieder aufgekündigt wurde. Anfang Juli wurde erneut ein Kompromiss gefunden - kurz nachdem die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist ausgelaufen war.

Der im Bundestag verabschiedete Gesetzentwurf wurde allerdings im Bundesrat von den Ländern gestoppt - und ein Vermittlungsausschuss eingesetzt. Das Bundesverfassungsgericht setzte daraufhin eine neue Frist für die Reform der Regeln bis Ende September.

Firmenerben müssen nicht mit gravierenden Änderungen rechnen

Bis zu dieser letzten Sitzungsrunde gelangen dem Gremium lediglich technische Fortschritte. So wurden Luxusgüter wie Yachten und Gemälde von der Erbmasse ausgenommen und die Rückstellungen für die Altersvorsorge, die nicht angerechnet werden, angeglichen. Bei den wirklich entscheidenden Regeln zur Bewertung von Unternehmen, zur Stundung der Erbschaftsteuer und zur Verschonung gab es bis zuletzt keine Annäherung.

Firmenerben müssen nicht mit gravierenden Änderungen rechnen. Von den bisherigen Steuerprivilegien für Familienunternehmen dürften auch künftig viele große Unternehmen beziehungsweise deren Erben profitieren. Nach den bisherigen, vom Bundesrat abgelehnten Plänen soll es ab einem Betriebsvermögen von 26 Millionen Euro je Erbfall jene vom Verfassungsgericht geforderte Bedürfnisprüfung geben. Das betrifft etwas mehr als ein Prozent der Unternehmen.

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