Elfenbeinküste nach Gbagbos Festnahme:Ouattara fordert Anhänger zu Zurückhaltung auf

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Es ist das vorläufige Ende des Machtkampfs: Nach der Festnahme des Diktators Laurent Gbagbo kündigt sein Rivale Ouattara zwar die Aussöhnung an. Doch als erste Amtshandlung lässt er seinen Vorgänger demütigen.

Nach der Festnahme von Laurent Gbagbo hat sich der international anerkannte Präsident der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, in einer Fernsehansprache geäußert: Er rief seine Anhänger dazu auf, sich jeder Art von Racheakten und Gewalttaten zu enthalten. "Ich rufe euch zu Ruhe und Zurückhaltung auf", sagte Ouattara. Es werde ein "Gerichtsverfahren gegen Laurent Gbagbo, seine Frau und ihre Anhänger" eingeleitet werden.

Der international anerkannte Präsident der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, bei seiner Fernsehansprache: Seine Anhänger rief er zu "Ruhe und Zurückhaltung" auf. (Foto: AFP)

Er versicherte, die "physische Integrität" seines Rivalen sei gesichert. Die Milizen rief er auf, ihre Waffen niederzulegen, und appellierte ans Volk, Vertrauen in die Zukunft zu haben. "Heute eröffnet sich ein weißes Blatt vor uns und gemeinsam werden wir die Geschichte der Versöhnung schreiben", sagte Ouattara und erklärte erneut seine Bereitschaft zur Einrichtung einer "Wahrheits- und Versöhnungskommission".

Offen ist, wie ernst es Ouattara mit der Aufklärung der Gewalttaten in dem monatelangen Machtkampf in der Elfenbeinküste ist: Während des Bürgerkriegs, in dem mehr als 1000 Menschen starben, war es zu mehreren Massakern an der Zivilbevölkerung gekommen.

Gbagbo und sein Rivale beschuldigten sich gegenseitig der Gräueltaten. Erst vor wenigen Tagen haben UN-Ermittler m Westen der Elfenbeinküste die Leichen von mehr als hundert Opfern offenbar ethnisch motivierter Gewalt gefunden. Vermutlich steckten Ouattaras Soldaten dahinter.

Inzwischen legten die Vereinten Nationen neue Opferzahlen vor: Bei Kämpfen im Westen der Elfenbeinküste sind seit Ende März demnach fast 540 Menschen getötet worden. Die meisten Opfer habe es in der Stadt Duékoué gegeben, sagte eine Sprecherin des UN-Menschenrechtskommissariats in Genf. Das UN-Ermittlerteam im Westen des Landes sei verstärkt worden und habe bislang 536 Tote gezählt. Die Zahl der Opfer drohe aber noch zu steigen, sagte die Sprecherin.

Ban: Ouattara muss neues Blutbad verhindern

Gbagbo hatte sich am Montagnachmittag in seiner Residenz ergeben, die von französischen Soldaten und den Republikanischen Truppen Ouattaras umstellt war. Der einstige Herrscher der Elfenbeinküste wurde im Unterhemd in Handschellen abgeführt. Für seine Anhänger müssen die Bilder eine schwere Demütigung gewesen sein. Der sichtlich erschöpfte Politiker wurde gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn Michel in das Hauptquartier Ouattaras gebracht, wo er sich nun unter dem Schutz von UN-Truppen befindet.

Im Anschluss hatte er zu einem Ende der Kämpfe aufgerufen. Seine Festnahme ist ein vorläufiges Ende des seit fünf Monaten andauernden blutigen Machtkonflikts in dem westafrikanischen Land. Gbagbo soll nun vor Gericht gestellt werden.

US-Präsident Barack Obama begrüßte in einer Erklärung die Festnahme Gbagbos. Er rief zudem alle Milizen auf, ihre Waffen niederzulegen und eine "repräsentative Armee" anzuerkennen, die unter der Autorität von Präsident Ouattara alle Bürger schütze. Obama dankte der UN und Frankreich für ihren Einsatz zum Schutz der Zivilisten in der Elfenbeinküste. Es müsse nun umgehend "die schwierige Arbeit der Versöhnung und des Wiederaufbaus" beginnen, sagte Obama.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, die Festnahme Gbagbos markiere das Ende eines unglücklichen Kapitels, das "niemals hätte existieren dürfen". Er kündigte an, mit Ouattara über eine Zusammenarbeit zur Lösung der Krise zu sprechen. Ban betonte, die UN-Blauhelme hätten gemeinsam mit der französischen "Licorne"-Truppe streng nach dem UN-Mandat zum Schutz der Zivilisten gehandelt. Ban rief Ouattara auf, ein erneutes "Blutbad" zu verhindern.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) begrüßte Gbagbos Festnahme. "Das lässt uns hoffen, dass der Bürgerkrieg jetzt ein schnelles Ende findet", sagte er in Berlin. Das Land habe jetzt eine echte Chance für einen friedlichen und demokratischen Neuanfang. Deutschland sei dabei zu Unterstützung bereit. Westerwelle appellierte an Ouattara, Gewalt- und Racheakte zu unterbinden. Er stehe vor "gewaltigen Herausforderungen".

Der britische Außenminister William Hague forderte einen fairen Prozess für Gbagbo. Der habe zwar "gegen demokratische Prinzipien" verstoßen, müsse "aber mit Respekt behandelt werden", sagte Hague. Großbritannien hoffe, dass die Ivorer nun einen demokratischen und friedlichen Weg in die Zukunft finde.

Nach Gbagbos Festnahme waren viele Menschen in Abidjan in Jubel ausgebrochen. Bürger, die sich aus Angst vor den Kämpfen seit Tagen in ihren Wohnungen verbarrikadiert hatten, stürmten auf die Straße. Die Bevölkerung der Millionenmetropole hatte zunehmend unter Gewalt und Versorgungsengpässen gelitten. Doch in Stadtteilen, die als Gbagbo-Hochburgen gelten, wagten Ouattaras Anhänger nicht zu jubeln. Viele fürchteten, dass Gbagbos Truppen den Widerstand nicht so schnell aufgeben könnten.

© sueddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters/hai/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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