Einschränkung der Pressefreiheit:Ägypten verbietet fünf Fernsehsender

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Weil sie angeblich positiv über die Muslimbruderschaft berichtet hatten, schließt die ägyptische Justiz fünf TV-Sender - darunter auch Al Jazeera Live Egypt und Al-Quds. Außerdem startet die Luftwaffe eine neue Offensive gegen mutmaßliche Verstecke von Islamisten auf dem Sinai.

Ein ägyptisches Verwaltungsgericht hat die Schließung von vier Fernsehsendern angeordnet, die positiv über die Muslimbruderschaft berichtet hatten. Das Nachrichtenportal Ahram Online meldete, von dem Verbot betroffen sei unter anderem der Sender Al Jazeera Live Egypt (Mubasher Misr), ein Ableger des in Katar beheimateten Nachrichtensenders Al Jazeera. Auch Al-Quds TV, Ahrar 25 und Yarmuk dürften ab sofort nicht mehr senden.

Am Montag war bereits der Sender Al-Hafez dichtgemacht worden, in dem häufig islamistische Prediger aufgetreten waren. Der Sender habe zum "Hass" gegen koptische Christen aufgerufen sowie die "nationale Einheit zu untergraben" versucht, urteilte ein Gericht in der Hauptstadt Kairo. Kopten sowie liberale Vertreter hatten dem Sender und seinen Moderatoren in der Vergangenheit immer wieder eine feindselige Haltung ihnen gegenüber vorgeworfen.

Al-Hafez war gemeinsam mit anderen islamistischen Sendern kurz nach der Absetzung des islamistischen Staatschefs Mohammed Mursi Anfang Juli vorübergehend abgeschaltet worden. Menschenrechtsorganisationen hatten dies als Verletzung der Pressefreiheit gebrandmarkt und von einer "kollektiven Bestrafung" gesprochen.

Ägypten befindet sich seit Mursis Absetzung erneut in einer schweren politischen Krise. Seine Anhänger fordern seitdem mit massiven Protesten die Wiedereinsetzung des islamistischen Präsidenten ins Amt. Seit Anfang Juli hat die Armee bereits Dutzende Führungspersönlichkeiten der Muslimbruderschaft festgenommen.

Offensive gegen mutmaßliche Verstecke von Islamisten

Auch auf dem Sinai ging die Regierung gegen Islamisten vor: Die ägyptische Luftwaffe hat mehrere Dörfer auf der Sinai-Halbinsel bombardiert, in denen sich radikalislamische Extremisten versteckt haben sollen. Augenzeugen berichteten, ab dem Morgen hätten Kampfhubschrauber Ziele südlich von Rafah an der Grenze zum Gazastreifen angegriffen, es habe Todesopfer gegeben. Offizielle Angaben zu Opfern lagen zunächst nicht vor.

Vertreter der ägyptischen Sicherheitskräfte sagten, es habe sich um den bislang größten derartigen Militäreinsatz gehandelt. In der nur dünn besiedelten Wüstenregion hatte es seit dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi am 3. Juli mehrfach Anschläge und Angriffe auf Sicherheitskräfte gegeben, für die von den Behörden Islamisten verantwortlich gemacht wurden.

Bei einem Attentat am 19. August wurden 25 Polizisten getötet, es war der blutigste Anschlag seit Jahren auf der Halbinsel. Die Streitkräfte töteten ihrerseits mehrere Menschen, die sie als Terroristen bezeichneten. Das Sicherheitsaufgebot zum Kampf gegen radikale Gruppierungen wurde verstärkt.

Diskussion um Besetzung des Verfassungskomitees

Derweil gibt es Kritik am Verfassungskomitee: Die Islamisten fühlen sich in dem Komitee, das die noch unter Mursi verabschiedete Verfassung ändern soll, unterrepräsentiert. Die Website der Kairoer Zeitung Al-Shorouk meldete zudem, unabhängige Gewerkschafter seien mit der Auswahl der Arbeitervertreter, die Übergangspräsident Adli Mansur als Mitglieder des Komitees ernannt hatte, unzufrieden. Die revolutionäre Jugendbewegung 6. April lobte die hohe Zahl von Jugendaktivisten in dem Gremium aus 50 Abgeordneten.

Die salafistische Partei des Lichts hatte im Juli als einzige größere Islamisten-Partei die Entmachtung Mursis durch die Armee gebilligt. Mursi stammt aus der Muslimbruderschaft. Nachdem das alte Verfassungskomitee von den Islamisten dominiert worden war, sind diesmal nur ein Repräsentant der Partei des Lichts und ein Ex-Mitglied der Muslimbruderschaft vertreten. Salafisten-Führer Jassir Burhami sagte, das Gremium werde von "Feinden der Scharia" dominiert.

Das Komitee soll am Sonntag erstmals zusammentreten. Es hat 60 Tage Zeit, um einen Entwurf vorzulegen, über den dann maximal 30 Tage später die Wähler abstimmen sollen.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/kjan - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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