Durchbruch für die Homoehe:Von der Liebe zur Rente

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Er handelte sich eine Niederlage nach der anderen ein, ließ sich aber nicht entmutigen und bekam am Ende Recht: Wie ein Krankenkassen-Angestellter Rechtsgeschichte schrieb.

Helmut Kerscher

Mit 18 Jahren die Liebe seines Lebens kennenzulernen und diese später zu heiraten, ist an sich kein Grund, um in die Medien zu kommen.

Keine völlige Gleichstellung, aber eine weitgehende Annäherung: Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft. (Foto: Foto: ddp)

Bei Wolfgang Duysen ist das anders. Der heute 55-jährige Angestellte einer großen Krankenkasse hat sich nämlich mit 18 in einen Mann verliebt, in Werner, und diesen gleich zweimal geheiratet - im Jahr 1997 auf Hawaii und am 13. August 2001 in einem Standesamt bei Pinneberg, wo er als einer der allerersten Homosexuellen in Deutschland eine eingetragene Lebenspartnerschaft schloss.

Und soeben haben er und der heute 68-jährige Rentner Werner Duysen Rechtsgeschichte geschrieben: Auf sie geht die folgenschwere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur weiteren Aufwertung von "Homo-Ehen" zurück.

Karlsruhe verlangte zwar keine völlige Gleichstellung zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft, aber eine sehr weitgehende Annäherung. Eine Privilegierung der Ehe sei nur noch zulässig, wenn diese ohne Benachteiligung für andere Lebensformen geschehe. Der Staat werde dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag für Ehe und Familie schon gerecht, wenn er alles unterlässt, was die Ehe beschädigt oder beeinträchtigt. Schäden oder Beeinträchtigungen unterlasse.

So sei es durchaus in Ordnung, wenn es weiterhin "ehebegünstigende" Normen im Steuer-, Unterhalts- und Versorgungsrecht gebe. Im Fall der Auflösung der Ehe durch Trennung oder Tod dürften Verheiratet besser gestellt werden als Menschen, "die in weniger verbindlichen Paarbeziehungen zusammenleben".

Im Übrigen verlangte das Verfassungsgericht eine Gleichbehandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaften. Zur Begründung verwies Karlsruhe auf die Realität: Es gebe viele Ehen ohne Kinder, und nicht jede Ehe sei auf Kinder ausgerichtet; es gebe aber mittlerweile mehr als 2000 Kinder in den rund 13.000 Lebenspartnerschaften. Auch bei der Rollenverteilung von Eheleuten und Partner finde man keine typischen Unterschiede mehr.

Gerichtsort war Karlsruhe, weil dort die große VBL sitzt, die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder. Sie kümmert sich um die Zusatzversorgungen von Millionen von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - und von deren Hinterbliebenen. Das galt allerdings nur für Witwen und Witwer. Nicht berücksichtigt waren in der neuen Satzung vom Januar 2002, mit der ein Betriebsrentensystem eingeführt wurde, die Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.

Als daher Wolfgang Duysen seine seit 1977 aufgebaute Rentenanwartschaft feststellen ließ, wurde ihm bei der Berechnung der "Startgutschrift" die für Verheiratete geltende Lohnsteuerklasse III/0 verweigert. Das minderte seine Zusatzrente um monatlich etwa 74 Euro. Zudem beschied ihn die VBL, dass sein Partner keinen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente habe. Anders als die gesetzliche Rentenversicherung sehe die VBL-Satzung keine Gleichstellung von Heirat und eingetragener Lebenspartnerschaft vor.

Dagegen klagte Wolfgang Duysen, vertreten durch Rechtsanwalt Dirk Siegfried (Berlin), mit Unterstützung der Gewerkschaft Verdi sowie des Schwulen- und Lesbenverbandes bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht. Als an diesem Donnerstag der Beschluss veröffentlicht wurde, bedankte sich Duysen fast wie ein gerade gewählter Politiker bei allen, die ihn unterstützt hatten.

© SZ vom 23.10.2009/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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