Dresden:Drei gegen Pegida

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Drei OB-Kandidaten, für einen Tag vereint: Sie verurteilen den Auftritt des Rechtspopulisten Geert Wilders. Mehr als 1000 Polizisten sind im Einsatz.

Wer vergessen oder verdrängt hatte, dass Pegida die Stadt Dresden noch immer zum Anschwellen bringen kann, dem war dieser Montag eine Lehre. Ein Helikopter der Polizei knattert den ganzen Tag über der Stadt, bei Twitter gibt es Stunde um Stunde mehr Einträge mit dem Ordnungsmarker #AlleNachDD, und in der Offline-Realität verdichten sich im Umfeld der sogenannten Flutrinne Grüppchen zu Strömen von Menschen. Am Abend sind es mehrere Tausend, die die auf deutsch gehaltene Rede des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders hören wollen. Was ist nun anders an diesem Tag? Zum einen, dass nicht nur Lutz Bachmann und andere Stammkader von Pegida sprechen, sondern eben auch Geert Wilders. Zum anderen, dass bereits am Mittag drei Menschen zusammen auf einer Bühne sitzen, die gerade eigentlich in Konkurrenz zueinander stehen. Dresden befindet sich, das geht im Schatten von Pegida zuweilen verloren, im Wahlkampf. Am 7. Juni soll ein neuer Oberbürgermeister gewählt werden. An diesem Montag nun sitzen die Konkurrenten Eva-Maria Stange (SPD), Markus Ulbig (CDU) und Dirk Hilbert (FDP) beieinander. Der Widerstand gegen den Auftritt von Wilders, dessen rechtspopulistische Partei jüngst bei Wahlen einige Niederlagen einfuhr, hat die drei zusammengeführt, für einen Tag zumindest, und sei es auch ein "schlechter Tag für Dresden", wie Ulbig sagt.

Über diesen Tag hinaus ist die Konstellation der Kontrahenten eine spannungsreiche, eine besondere, weil sich in ihr viele Fragen sammeln, die die Stadt derzeit beschäftigen. Sachsens Innenminister Ulbig etwa hatte in der jüngeren Vergangenheit Schwierigkeiten, eine klare Position zu Pegida zu entwickeln - er braucht das konservative Wählerspektrum, allzu weit rechts aber will und darf er sich freilich nicht verorten. Schwierig wird der Wahlkampf für ihn, weil auf der einen Seite das linke Lager aus SPD, Linkspartei und Grünen sich hinter Sachsens Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange versammelt und weil auf der anderen Seite Pegida mit einem eigenen Kandidaten in die Wahl geht. Das Bündnis stützt die Kandidatur der ehemaligen AfD-Politikerin Tatjana Festerling, die der neuen Rechten zugeordnet wird. Von der Wahl erwarten sich die Dresdner eine Aussage darüber, wie die Stadt wirklich hinter Pegida steht. Und die erwarten ein enges Duell zwischen Stange und Ulbig.

Das Verwaltungsgericht Dresden entschied wenige Stunden vor Beginn der Kundgebung, dass gegen den Auftritt des Rechtspopulisten nicht in Sicht- und Hörweite protestiert werden darf. Es lehnte damit einen Eilantrag des Bündnisses "Dresden Nazifrei" ab. Die Polizei war mit mehr als 1000 Beamten im Einsatz. An einem Sternlauf unter dem Motto "Vielfalt vor Einheit" und anschließender Abschlusskundgebung in der Innenstadt beteiligten sich mehr als 1000 Menschen.

© SZ vom 14.04.2015 / cop, SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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