Diskussion um Rüstungspolitik:Gabriel stellt sich gegen von der Leyen

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Wehrexporte in welchem Umfang? Rüstungsindustrie stützen, ja oder nein? Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel muss Stellung nehmen. (Foto: AP)
  • Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) räumt in einer Grundsatzrede außen- und sicherheitspolitischen Erwägungen bei Rüstungsexporten den Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Belangen ein.
  • Gabriel kritisiert die Pläne von Verteidigungsministerin von der Leyen (CDU), nur noch Schlüsseltechnologien der Rüstungsindustrie zu fördern.
  • Die Waffenlieferungen an die kurdischen Peschmerga im Nordirak bezeichnet Gabriel als "Folge viel zu vieler Waffenlieferungen in diesen Raum in den vergangenen Jahrzehnten".

Außenpolitik hat Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Interessen

Außen- und sicherheitspolitische Erwägungen spielen bei der Frage von Rüstungsexporten die zentrale Rolle. Sie stehen vor wirtschaftlichen oder beschäftigungspolitischen Belangen. Das hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bei einer Rede vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) betont.

Die Frage der Rüstungsexporte stehe angesichts einer aus den Fugen geratenen Welt derzeit im "Kreuzfeuer der öffentlichen Debatte" sagte Gabriel in Berlin. Das Thema werde durch moralische, sicherheitspolitische und strategische Ansprüche bestimmt.

Kritik an den Plänen von der Leyens

In die aktuelle Diskussion hinein hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eine provokante Vorlage geliefert: Ein Großteil der Rüstungsindustrie sei für Deutschlands Sicherheit entbehrlich, die Regierung sollte künftig nur noch Schlüsseltechnologien im Rüstungsbereich fördern. Damit meint von der Leyen die Verschlüsselungs- und Sensortechnik. Die Rüstungsindustrie betrachtet jedoch traditionell auch den U-Boot-Bau sowie die Herstellung gepanzerter Fahrzeuge und Handfeuerwaffen als deutsche Schlüsseltechnologien. Welche Technologien als Kernfähigkeiten eingestuft werden, entscheidet darüber, ob ihr Erhalt in Deutschland künftig mit staatlicher Hilfe gesichert werden dürfte.

Gabriel kritisierte die Pläne von der Leyens: Bundestag und Bundesregierung würden zu diskutieren haben, ob die "sehr schmale Festlegung" der CDU-Politikerin zu den deutschen Kernfähigkeiten ausreichend sei, sagte Gabriel laut Redetext. Die Definition der nationalen Schlüsseltechnologien werde erhebliche Konsequenzen für die Beschaffungsprogramme der Bundeswehr und eine künftige europäische Kooperation haben, mahnte der SPD-Politiker.

Gabriel sagte aber gleichzeitig, dass er sich bei seiner Grundsatzrede auf Terrain begeben müsse, "das eigentlich nicht in den Aufgabenbereich des Wirtschaftministers fällt", nämlich das "Terrain der Außen- und Sicherheitspolitik". Erst davon ausgehend könne man dann auch über wirtschaftspolitische Belange sprechen.

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Rüstungsindustrie "kein ganz normales Geschäftsfeld"

Dass sich die Bundesregierung nun gezwungen sehe, Waffen an die kurdischen Peschmerga im Nordirak zu liefern, bezeichnete Gabriel als eine "Folge viel zu vieler Waffenlieferungen in diesen Raum in den vergangenen Jahrzehnten".

Der Wirtschaftsminister betonte, die Rüstungsindustrie sei "kein ganz normales Geschäftsfeld". Hier gälten strenge gesetzliche Regelungen. Diese sollten sicherstellen, dass Genehmigungen von Waffenexporten nicht "heute so und morgen anders ausfallen" sollen. Gabriel betonte, dass die Politik der schwarz-roten Bundesregierung in einer politischen und rechtlichen Kontinuität stehe.

Dass in letzter Zeit trotzdem eine so hitzige Debatte um Rüstungsexporte entbrannt sei, lasse den Verdacht aufkommen, dass Regeln bisher nicht so genau genommen wurden, es hier womöglich sogar eine "stillschweigende Übereinkunft" von Politik und Rüstungsindustrie gegeben habe.

Kampf gegen IS schafft neue Situation

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel war zuletzt unter Druck geraten. Auf der einen Seite gibt es die Forderung, Rüstungsexporte in Staaten mit zweifelhaftem Ruf zu unterbinden. Auf der anderen Seite schafft gerade der Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) im Nahen Osten eine neue Situation, die Waffenlieferungen auch an unsichere Kandidaten notwendig macht und machen könnte. Zugleich kommen aus der deutschen Rüstungsindustrie Klagen, ein allzu strenges Exportverbot gefährde den ganzen Wirtschaftszweig.

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