Die "Hauptstelle für Befragungswesen" und der BND:Enttarnt und abgewickelt

Die "Hauptstelle für Befragungswesen" und der BND: Die "Hauptstelle für Befragungswesen" am Hohenzollerndamm in Berlin

Die "Hauptstelle für Befragungswesen" am Hohenzollerndamm in Berlin

(Foto: Imago Stock&People)

Die lange als "Phantombehörde" kritisierte Berliner "Hauptstelle für Befragungswesen", die Informationen von Asylbewerbern an US-Partnerdienste liefert, wird geschlossen. Ganz nebenbei kommen dabei Tatsachen ans Licht, die die Bundesregierung noch vor einigen Wochen geleugnet hat.

Von Christian Fuchs und Hans Leyendecker

Von all den merkwürdigen Organisationen, die im Rahmen der Serie Der Geheime Krieg von SZ und NDR auftauchten, war die "Hauptstelle für Befragungswesen" (HBW) vermutlich die eigenartigste Einrichtung. Der Name jener Institution, die Asylbewerber ausforscht und die Ergebnisse auch an die US-Partnerdienste liefert, die mit Drohnen Krieg führen, klang so harmlos wie geheimnisvoll.

Ende vergangener Woche hat die Bundesregierung das Ende der Hauptstelle angekündigt. Nicht, weil sie - wie berichtet - Material für fragwürdigste Einsätze zur Verfügung stellt, sondern weil die HBW schon "seit Längerem einer Effizienzkontrolle unterzogen" werde, in deren Rahmen "die personelle Ausstattung schrittweise reduziert" worden sei. Jetzt werde die "organisatorische Auflösung" angestrebt. Derart antwortete der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder, auf eine Frage des Linken-Abgeordneten Jan Korte im Bundestag.

Tarnen, Finassieren und Kleinreden gehört zum Metier, das Beamtengeschwurbel verdeckt die geplante Veränderung aber nur unzulänglich. Gleichzeitig gab die Bundesregierung ein paar Details über die Arbeit der HBW preis, die bislang nie offiziell bestätigt worden waren.

Geheimnis 1: Die HBW gehört, wie Schröder mitteilte, zum BND.

Die bisherige Sprachlegung der Regierung lautete über all die Jahre so: "Die HBW wurde im Jahr 1958 durch unveröffentlichten Organisationsakt der Bundesregierung eingerichtet". Ob sie zum BND gehöre, dürfe nicht verraten werden: "Dieses Verhältnis berührt das Staatswohl" hatte die Bundesregierung im Vorjahr auf Nachfrage des Grünen-Politikers Volker Beck erklärt. Deshalb dürfe das Parlament nicht in öffentlicher Sitzung erfahren, was es mit der Hauptstelle auf sich hat.

Auf eine entsprechende Anfrage am 12. September bei Recherchen zu der Serie hatte der BND geantwortet: "Inhaltlich" könne der Dienst "nicht weiterhelfen, da die Hauptstelle für Befragungswesen kein Bestandteil des Bundesnachrichtendienstes ist". Man würde sich aber freuen, weitere Anfragen zu erhalten.

Geheimnis 2: Asylbewerber in Deutschland dürfen von amerikanischen oder britischen Partnerdiensten allein befragt werden.

Auch wenn "Befragungen durch Befrager der alliierten Partnerdienste ohne deutsche Begleiter" stattfänden, unterstünden CIA oder andere Dienste "fachlich dem deutschen Dienststellenleiter", erklärt die Bundesregierung nun. Solche "Befragungen erfolgten unter organisatorischer und inhaltlicher Aufsicht des BND im Vor- und Nachgang". Was die Alliierten ausgeforscht hätten, werde "im Meldungssystem des BND erfasst und dort einer Freigabeprüfung unterzogen". Das klingt nicht sehr lebensnah.

"Natürlich können wir": Wie man professionell trickst, hat schon BND-Gründer Gehlen vorgemacht

Die vom BND "weiterzugebenden Meldungen" würden "bei Bedarf bereinigt". Diese Bereinigung erfolge "im Hinblick auf Datenschutzgründe" und die "Nichtweitergabe möglicher militärisch nutzbarer Daten". Zielsetzung sei aber "zu keiner Zeit die Gewinnung von Informationen zu Drohneneinsätzen". Vor allem gehe es um "Erkenntnisse" über wirtschaftliche und politische Strukturen in der Heimat der Asylbewerber. Aber: "Selbstverständlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass solche Informationen auch zum militärischen Lagebild der alliierten Partnerdienste beitragen". Was für eine Zickzackfahrt.

Wie man professionell trickst, hat Reinhard Gehlen, der Gründer des BND, vorgemacht. Einen Referatsleiter trieb einst die Sorge um, der BND werde durch Falschmeldungen unglaubwürdig - der Dialog ist in dem Standardwerk "Pullach intern" dokumentiert.

Referatsleiter: "Mir ist aufgefallen, dass in Meldungen aus der Zone als Quelle neuerdings angeführt wird: von einem Mitarbeiter im SED-Zentralkomitee."

Gehlen: "Ja, und?"

Referatsleiter: "Wir haben doch gar keinen Mitarbeiter im Zentralkomitee."

Gehlen: "Wer will uns das Gegenteil beweisen?" Der Referatsleiter protestierte. Man könne doch nicht so tun als ob. Gehlen reagierte genervt: "Natürlich können wir." Die HBW, die von den Alliierten gegründet worden ist, hat Gehlen 1958 heimlich zum BND geholt.

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