Deutsche Post:Vom Wert des Briefes

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Das ehemalige Staatsunternehmen erwägt, nur noch an einigen Tagen pro Woche Sendungen zuzustellen. Das geht nicht, man kann dieses Geschäft nicht nur unter dem Aspekt der Effizienz betrachten.

Von Caspar Busse

Gute Briefe sind wie gute Freunde", hat der Schriftsteller Oscar Wilde einmal geschrieben. Heute ist das Verfassen von Briefen (noch dazu von guten) ziemlich aus der Mode gekommen. Freunde, ob echte oder falsche, melden sich per E-Mail, Facebook oder Whatsapp, Kommunikation ist allgegenwärtig. Darauf will nun die Deutsche Post reagieren und prüft, ob Briefe irgendwann nur noch an manchen statt an allen Werktagen zugestellt werden. Der Konzern unternimmt dazu gerade Versuche.

Kommt der Postmann künftig also nur noch einmal in der Woche? Betriebswirtschaftlich wäre ein solch unpopulärer Schritt vielleicht sinnvoll, um Kosten zu sparen. Aber der tägliche Besuch der Zusteller gehört für viele Menschen in Deutschland nach wie vor zur Grundversorgung, gerade für Ältere ist die Post ein wichtiger Kontakt zu Außenwelt. Abgesehen davon, dass es noch immer Schreiben gibt, die zugestellt werden müssen, damit sie rechtlich verbindlich sind.

Es mag ja durchaus - vor allem jüngere - Menschen geben, die so gut wie nie in ihren Briefkasten schauen und möglicherweise gar nicht merken würden, wenn der Zusteller deutlich seltener käme. Trotzdem: Die Deutsche Post aus ihrer Pflicht zu einer flächendeckenden täglichen Versorgung bei der Briefzustellung zu entlassen, wäre ein großer Fehler. Man kann das Briefgeschäft nicht einfach nur unter Effizienzaspekten betrachten.

Der Bote soll nur noch an einigen Tagen kommen? Das geht nicht

Das ehemalige Staatsunternehmen, das seit dem Jahr 2000 an der Börse ist, ist derzeit ohnehin gesetzlich verpflichtet, sechs Tage in der Woche Briefe zuzustellen. Im Gegenzug genießt die Post Privilegien, so muss sie keine Mehrwertsteuer für diese Dienstleistung zahlen. Schon in der Vergangenheit hat der Konzern den Service bei der Briefzustellung immer weiter eingeschränkt und zum Beispiel Zustellbezirke vergrößert. Die Folge: Manche Haushalte, etwa in entlegeneren Gebieten, erhalten ihre Briefe nun erst am Nachmittag. Sie hat Postfilialen geschlossen, Briefkästen abmontiert. Gleichzeitig erhöhte sie das Porto weiter, auf inzwischen 70 Cent für Standardbriefe. Nennenswerte Konkurrenz in der Briefzustellung gibt es ohnehin nicht. Die Post hat offiziell in Deutschland kein Monopol mehr, ist aber bei Briefen noch immer marktbeherrschend. Damit ist sie auch in der Pflicht.

Immerhin wurden im Jahr 2016 durchschnittlich noch 59 Millionen Briefe am Tag verschickt, wenn es auch immer weniger werden. So sehr die Deutsche Post hier leidet - sie ist gleichzeitig einer der größten Gewinner der Digitalisierung. Immer mehr Menschen kaufen im Internet und lassen sich die Produkte dann liefern. Der Onlinehandel boomt und damit auch das Paketgeschäft, davon profitiert vor allem auch die Post. Hier wird investiert, sie stellt Mitarbeiter ein, schon plant sie mit einer schnellen Zustellung noch am selben Tag. Die gelben DHL-Autos sind heute weltweit unterwegs, Umsatz und Gewinn steigen. Da muss auch noch Platz für gute Freunde wie den Brief sein.

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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