Deutsche Bank:"Das ist nicht korrekt."

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Vor sechs Wochen trat der Co-Chef der Deutschen Bank überraschend zurück. Schon damals gab es Gerüchte um die Gründe dafür. Ein Bericht der Bankenaufsicht Bafin zeigt nun, dass der Rücktritt gar nicht so überraschend war.

Von Harald Freiberger

Als Anshu Jain vor sechs Wochen als Co-Chef der Deutschen Bank zurücktrat, kam dieser Schritt überraschend. Schließlich hatte ihm der Aufsichtsrat kurz zuvor noch den Rücken gestärkt. Schon damals gab es Spekulationen, der Rücktritt könnte mit einem Bericht der Finanzaufsicht Bafin zu tun haben. Diese untersuchte die Rolle der Deutschen Bank in einem der größten Bankenskandale: Über Jahre hatten Händler mehrerer Großbanken den Zinssatz Libor so manipuliert, dass sie mit Milliarden-Gewinnen für die Bank und Millionen-Boni für sich selbst davon profitierten. Händler der Deutschen Bank spielten dabei eine dominante Rolle. Und so stellte sich die Frage, was Jain davon wusste, der damals Chef des Investmentbankings war, also des Bereichs, in dem die Betrügereien geschehen waren.

Die Bank betonte über viele Monate, ein Zwischenbericht der Bafin habe ergeben, dass kein Top-Manager die Manipulationen angewiesen oder Kenntnis davon hatte. Nun wurde der abschließende Bericht öffentlich und er zeigt, wie tief Jain in das System der Manipulationen verstrickt war. Zwar gibt es nicht den letzten Beweis, etwa eine E-Mail, die Jain überführt. Aber es wimmelt von Fakten und Hinweisen, die ihn belasten.

So las man schon vor Jahren Berichte, dass mit dem Zinssatz etwas nicht stimmt - Jain vermied es, das intern zu klären. Im Gegenteil: Er organisierte den Bereich sogar so um, dass die Händler und diejenigen, die für die Feststellung des Zinssatzes zuständig waren, sich besser absprechen konnten; eigentlich müssen sie durch "chinesische Mauern" getrennt sein. Jains damaliger Chef Josef Ackermann beklagte schon damals ein "kulturelles Defizit" - Jain tat nichts dagegen. Lieber protegierte er seinen wichtigsten Händler, weil er der Bank "Berge von Geld" einbringe. Trocken stellt die Bafin am Ende ihres Berichts fest, sie habe sich über Aussagen gewundert, es werde keine aufsichtsrechtlichen Maßnahmen gegen das Management und besonders gegen Jain geben: "Das ist nicht korrekt."

Der Bericht der Bankenaufsicht erklärt, weshalb Anshu Jain so plötzlich zurücktrat

Der Bericht enthält so viel Zündstoff, dass klar war: Jain wäre nicht zu halten gewesen, wenn es veröffentlicht wird. Und nach allem, was darin steht, musste die Bafin darauf dringen, dass Jain geht. Sein überraschender Rücktritt erscheint nun in einem neuen Licht.

Der Bericht macht auch deutlich, welch großer Fehler es war, Jain 2012 überhaupt zum Co-Chef der Deutschen Bank zu küren. Der Aufsichtsrat glaubte, nicht an ihm vorbeizukommen, weil er über Jahre Milliarden-Gewinne für die Bank erwirtschaftet hatte. Doch schon damals war bekannt, mit welchen Mitteln dies geschah: mit zu riskanten Geschäften, für deren Kosten die Steuerzahler aufkamen - und mit Betrug.

Schon 2012 war klar, dass eine Großbank eng mit den Regulierern zusammenarbeiten muss, um die Skandale aufzuklären. Doch die Deutsche Bank behinderte die Aufklärung mehr, als sie zu fördern. Deshalb musste sie auch mehr als drei Milliarden Dollar, die höchste Strafe der beteiligten Geldinstitute, zahlen.

Eigentlich war von Anfang an klar, dass der Mann, der für das schädliche System verantwortlich war, nicht die Aufräumarbeiten leiten konnte. Doch die Aufseher der Bank mussten erst von der Finanzaufsicht darauf gestoßen werden.

© SZ vom 18.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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