Deutsche Bank:Aufsichtsrat auf Abwegen

Achleitner urteilt durch Schweigen. Er trifft sich selbst.

Von Jan Willmroth

Paul Achleitner hat in den vergangenen Tagen eindrücklich vorgeführt, wie man durch Schweigen einen Konzernchef demontiert. Seit einer Woche weiß die Öffentlichkeit von Gesprächen mit möglichen Kandidaten für eine der anspruchsvollsten Aufgaben der Finanzbranche: die Deutsche Bank aus der Krise zu führen. Dem amtierenden Chef, John Cryan, ist das nicht gelungen. Während dieser um seinen Job kämpft und um Geduld bittet, hat Aufsichtsratschef Achleitner die seine bereits verloren.

Es wäre leicht gewesen, ein Signal zu senden: Achleitner hätte Cryan stützen und daran erinnern können, dass dessen Vertrag noch bis 2020 läuft. Die Personaldebatte könnte man so einordnen, dass selbstverständlich mögliche Nachfolger kontaktiert werden müssen, weil die Suche nach ihnen ähnlich anspruchsvoll ist wie der Job selbst. Indem Achleitner das unterließ, trägt er nun die Verantwortung dafür, dass der Machtkampf zwischen ihm und Cryan öffentlich ausgetragen wird. Das beschädigt die Bank zusätzlich.

Deutschlands größtem Geldinstitut fehlt die Zeit für interne Machtkämpfe. Achleitner hat Cryan berufen, der aktuelle Vorstand ist Achleitners Mannschaft. Ihm ist es anzulasten, wenn die Strategie nicht mehr greift. Lässt er Cryan fallen, löst das die strukturellen Probleme der Bank nicht. Der Chefkontrolleur bleibt eine Antwort auf die Frage schuldig, worum es ihm geht: um seinen eigenen Posten oder um das Wohl der Bank und ihrer Mitarbeiter.

© SZ vom 03.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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