Das Weiße Haus:Der Präsident und seine Schäfchen

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Das Weiße Haus, Symbol der amerikanischen Präsidentschaft und einer Supermacht. Ein Buch beleuchtet die Faszination des berühmten Gebäudes und erklärt, warum es weltweit so einzigartig ist.

Barbara Vorsamer

Kaum ein anderes Gebäude wird so oft fotografiert oder gefilmt wie das Weiße Haus. Kein Wunder: Es steht symbolisch für den amerikanischen Präsidenten, die amerikanische Nation und ihren Einfluss.

Das Weiße Haus: Regierungssitz und Wohnung (Foto: Foto: AP)

William Seale, Spezialist für amerikanische Regierungsgebäude und Autor des neu aufgelegten Standardwerks "The President's House", erklärt die unausgesprochene Macht des Hauses damit, dass der mächtigste Mann der Welt, der US-Präsident, nicht nur darin arbeitet, sondern auch darin wohnt - und zwar jeder US-Präsident, und nur so lange, wie er auch Präsident ist.

Damit sind Haus und Amt seit mehr als zwei Jahrhunderten untrennbar miteinander verbunden. Zwar zog erst Präsident Nummer zwei, John Adams, 1801 in das Weiße Haus ein, doch Vorgänger George Washington war als Bauherr der geistige Vater des Gebäudes.

Natürlich gibt es auch in anderen Ländern symbolträchtige Gebäude. Doch anders als Angela Merkel, die nur zum Arbeiten ins Kanzleramt kommt, wohnt der US-Präsident auch im Weißen Haus. Und anders als Königin Elisabeth II. im Buckingham Palace regiert er auch dort.

Hinter der Tür an der 1600 Pennsylvania Avenue passiert also alles: Hier wird regiert und relaxt, hier trifft sich der Präsident mit Staatsoberhäuptern und liest seinen Kindern vor, hier werden Kriege entschieden und Ehestreitigkeiten ausgefochten.

Wie ein Mosaik setzt Autor Seale sein zweibändiges Werk zusammen. Er analysiert Briefe, Fotos und offizielle Dokumente, seziert Erfahrungsberichte und Gerüchte - doch nicht nur die First Family und politische Besucher sind seine Subjekte. Seale zieht auch die Informationen von Bodyguards, Köchen, Butlern, Innenarchitekten und sogar Wahrsagern heran, um ein möglichst vielseitiges Bild des Weißen Hauses zu zeichnen.

Doch niemand muss befürchten, von der Informationsdichte der 1500 Seiten erschlagen zu werden. Seale beschreibt auch viele witzige und weithin unbekannte Anekdoten aus der 200-jährigen Geschichte des Weißen Hauses.

Zum Beispiel, dass Woodrow Wilson auf seinem Rasen 18 Schafe hielt. Die präsidentielle Schafherde sparte Arbeitskraft, da sie das Rasenmähen überflüssig machte, und mit dem Verkauf ihrer Wolle nahm das Weiße Haus mehr als 50.000 Dollar ein. So wollte das Präsidentenehepaar während des Ersten Weltkrieges ihre Unterstützung für die Soldaten zeigen.

Auch die Frage, warum das Weiße Haus weiß ist, beantwortet der Autor. Anfang des 19. Jahrhunderts ist es mit Kalk gestrichen worden, um die poröse Bausubstanz nicht einfrieren zu lassen. Später wurde der weiße Anstrich immer wieder erneuert, weil Kalk recht schmutzig aussieht.

Der Name des Weißen Hauses war übrigens bis 1901 lediglich ein Spitzname für die "Executive Mansion", wie das Gebäude eigentlich hieß. Erst Theodore Roosevelt machte die Bezeichnung "White House" dann offiziell.

Die zwei Bände bieten allen Lesern, die sich für Geschichte oder Architektur interessieren, einen ausführlichen Überblick über jede einzelne US-Präsidentschaft oder die Beziehung des jeweiligen Machthabers zu seinem Amtssitz.

SEALE, William: The President's House: A History. White House Historical Association. 2008.

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