Dänemark:Rasmussen braucht Hilfe

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Wieder einmal hat Lars Løkke Rasmussen die Dänen überrascht: Der Premier schmiedet eine Koalition. Doch die eigentlichen Sieger sind die, die nicht mitmachen.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Es ging um sein politisches Überleben, wieder einmal. Und wieder einmal hat Lars Løkke Rasmussen die Dänen überrascht: Der Premierminister hat die Liberale Allianz und die Konservativen eingeladen, sich an seiner Regierung zu beteiligen. Etwa eine Woche hat Rasmussen mit den beiden kleineren Parteien über eine Koalition verhandelt, am Montag stellte er sein neues Kabinett vor. Auf diese Weise kann Rasmussen Premierminister bleiben. Doch seine Partei Venstre musste Kabinettsposten abgeben: Außenminister wird Anders Samuelsen, Chef der Liberalen Allianz. Der Parteichef der Konservativen, Søren Pape Poulsen, wird Justizminister. Beide Parteien werden dafür belohnt, dass sie in die Regierung eintreten.

Rasmussen hatte bei der Wahl im Juni 2015 das schlechteste Ergebnis seiner Partei seit 25 Jahren eingefahren. Zuvor hatte er selbst viel Vertrauen durch diverse Affären verloren, Steuer- und Parteigeld für Flüge in der Ersten Klasse und teure Anzüge ausgegeben. Seine Venstre-Partei erhielt nur noch 34 von 179 Sitzen im Parlament, trotzdem führte Rasmussen sie ohne Koalitionspartner in eine Minderheitsregierung. Dort brauchte er allerdings die Unterstützung anderer Parteien, vor allem die der rechtsgerichteten Dänischen Volkspartei. Diese hat selber mehr Sitze im Parlament als Rasmussens Partei, weigerte sich aber, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Die Volkspartei hoffte, außerhalb der Regierung mehr Einfluss nehmen zu können. Ihre Rechnung ist aufgegangen.

Rasmussen dagegen hat sich gründlich verrechnet. Seit Monaten blockiert ein Streit um die Steuerreform seine Politik. Rasmussen möchte die Steuern senken, nur nicht für Vielverdiener mit einem Einkommen von mehr als einer Million Kronen, etwa 135 000 Euro, im Jahr. Genau das forderte jedoch stets die Liberale Allianz. Die rechtsgerichtete Dänische Volkspartei wollte der Steuererleichterung für Reiche hingegen keinesfalls zustimmen. Rasmussen verhedderte sich in den Interessensgegensätzen der verschiedenen Parteien, die seine Minderheitsregierung duldeten.

Lars Løkke Rasmussen führt eine Minderheitsregierung und hat sich Koalitionspartner gesucht. Doch die eigentlichen Profiteure sind die, die dabei nicht mitmachen: Die rechte Volkspartei. (Foto: Gregor Fischer/dpa)

Seine Steuerpläne sind Teil eines größeren Reformpakets, des "2025-Plans", mit dem auch das Rentenalter hochgesetzt und die Flüchtlingspolitik verschärft werden sollte. Die Regierung möchte Asylsuchende bereits an der Grenze abweisen dürfen. Doch wegen des Steuerstreits musste Rasmussen die Reform auf Eis legen.

Anders Samuelsen, Chef der Liberalen Allianz, setzte dem Premierminister schließlich ein Ultimatum: Entweder die Reichensteuer werde bis Ende des Jahres um mindestens fünf Prozentpunkte gesenkt, oder er unterstütze die Regierung nicht mehr. Das Ultimatum ist nun, da Samuelsen Außenminister wird, vom Tisch. Die drei neuen Regierungsparteien, also Rasmussens Venstre, die Konservativen und die Liberale Allianz haben sich auf einen Kompromiss geeinigt, durch den weniger Dänen den Spitzensteuersatz zahlen.

Allerdings hat die Dreier-Koalition immer noch keine Mehrheit im Parlament. Dafür braucht sie weiterhin die rechtsgerichtete Dänische Volkspartei. "Diese wird den Steuerkürzungen nun wahrscheinlich zustimmen, weil für sie die Einwanderungspolitik wichtiger ist", schätzt Kasper Møller Hansen, Politik-Professor an der Universität Kopenhagen. Er glaubt, die Rechten würden die Situation nutzen, um ihre Politik durchzusetzen. Für viele macht sie das zur großen Gewinnerin der verfahrenen Situation.

© SZ vom 29.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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