CSU:Versöhnen und spalten

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Die CSU sucht für das Jahr 2018 eine Botschaft, die kompromissbereit genug ist für die SPD in Berlin, aber zugleich konfrontativ genug mit Blick auf Bayern.

Von Lisa Schnell, Seeon

Parteichef Seehofer (Mitte) betont die Bedeutung auch der Sozialpolitik. (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Die CSU-Bundestagsabgeordnete Silke Launert stapft in einer knallroten Jacke mit kleinem, schwarzem Pelzkragen durch den Regen zum Eingang von Kloster Seeon. Ob sie sich schon so auf die SPD als Koalitionspartner freue, muss sie sich von Journalisten fragen lassen. Nein, natürlich nicht. Es sei einfach nur kalt, sagt sie. Und ihre Skijacke eben rot.

Über dem Tagungsort der CSU-Landesgruppe am Chiemsee aber hängen nicht nur dunkle Regenwolken, sondern auch die Frage, ob sich CSU und SPD noch einmal auf eine große Koalition einigen können, wenn sie diesen Sonntag zu Verhandlungen zusammenkommen. Einige hegen da Zweifel angesichts der Forderungen, mit der die CSU sich bei ihrer Klausur positioniert und die von der SPD rundweg abgelehnt werden: Leistungskürzungen für Asylbewerber, eine deutliche Erhöhung des Verteidigungsetats und eine klare Absage an die Vereinigten Staaten von Europa. Die CSU muss in Seeon deshalb zwei Dinge zusammenbringen, die auf den ersten Blick nicht zusammenpassen. Sie muss ihr konservatives Profil schärfen als Botschaft vor allem an die Wähler in Bayern, wo die CSU bei den anstehenden Landtagswahlen um ihre absolute Mehrheit fürchtet. Und gleichzeitig Zuversicht verbreiten, dass man sich in Berlin schon einigen werde. Bereit zum Kompromiss, aber nicht zur Aufgabe zentraler Positionen. Auf den ersten Satz, in dem beteuert wird, wie sehr eine Verständigung mit der SPD gewollt werde, folgt sogleich der zweite, in dem CSU-Forderungen als zwingend notwendig erklärt werden, die bei der SPD auf Unwillen stoßen.

Alexander Dobrindts "bürgerlich-konservatives Manifest" setzt den Ton

Diesen Teil übernimmt vor allem der neue Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Pünktlich zum Beginn der Klausurtagung veröffentlichte er ein "bürgerlich-konservatives Manifest". Darin beklagt er eine "linke Meinungsvorherrschaft" in Deutschland, die eine bürgerliche Mehrheit zu ertragen habe. Weil "selbsternannte Volkserzieher" in Politik und Medien Schlüsselpositionen eingenommen hätten, finde sich die konservative Mehrheit in der öffentlichen Debatte nicht mehr wieder. Etwa mit Positionen wie: "Wir sind Deutsche und wir sind es stolz und gerne." Auch eine große Koalition müsse von dieser bürgerlich-konservativen Wende geprägt sein. Zentral sei die Modernisierung des Landes, Sicherheit und Wachstum und nicht Themen aus der "sozialistischen Mottenkiste".

Soweit der Ton, wie man ihn von einer traditionellen CSU-pur-Klausur kennt. CSU-Chef Horst Seehofer aber zeigte sich auch harmonischer. Es sei eine pure Selbstverständlichkeit, dass man bei einer Klausur die Themen noch einmal verdichte. "Das richtet sich gegen niemanden." Er selbst werde "alles tun, damit diese Koalition zustande kommt". Hinter das mit der CDU vereinbarte Regelwerk zur Zuwanderung könne man nicht mehr zurück. Genauso wichtig wie die Zuwanderungsfrage seien aber andere Themen von der Wirtschaft über die Umwelt bis zur sozialen Frage. Ja, gerade die soziale Ausrichtung des Landes sei für die CSU "ein ganz dominanter Punkt", etwa bei Renten, Gesundheit, Pflege, Mieten.

So fordert die CSU in ihren weniger provokanten Beschlussvorlagen in Seeon etwa ein Sofortprogramm zur Pflege, in dem sie für eine höhere Bezahlung von Pflegekräften und eine Ausbildungsoffensive eintritt. Oder aber eine Wohnraum-Offensive, mit der in den nächsten vier Jahren 1,5 Millionen neue Wohnungen gebaut werden sollen. Auch ihr Plädoyer für die Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land etwa mit einer Ansiedlungsoffensive für Unternehmen auf dem Land dürfte die Gespräche mit der SPD eher nicht belasten.

Bevor am Sonntag allerdings Gemeinsamkeiten gesucht werden, geht es in Seeon traditionell provokant weiter. An diesem Freitag besucht der umstrittene ungarische Regierungschef Viktor Orbán die CSU in ihrem Kloster. Warum man dagegen protestieren wollte, wie es Aktivisten angekündigt haben, kann Seehofer nicht verstehen. Auf die Frage, wie er die Rechtsstaatlichkeit unter Orbán in Ungarn bewerte, sagte er: "Ich bin doch nicht der Oberlehrer von Ungarn."

© SZ vom 05.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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