CSU:Modell Auslagern

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Der Vorschlag der CSU-Landesgruppe unter Gerda Hasselfeldt hat eine vielfältige Vorgeschichte. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Die CSU möchte Bootsflüchtlinge nach Afrika zurückschicken, so wie einst Innenminister Otto Schily. Die Befürworter sehen eine Reihe von Vorteilen - und die Gegner das faktische Ende des Grundrechts auf Asyl

Von Roland Preuss

Die Forderung ist eine Art Wiedergänger der Asyldebatte. Sobald die Zahl der Flüchtlinge aus Afrika hochschnellt oder viele Menschen im Meer ertrinken, wird das Modell wieder vorgetragen: Man müsse in Afrika Auffanglager für Flüchtlinge errichten. So verlangt es jetzt erneut die CSU. Schon der damalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hatte vor zwölf Jahren solche Lager vorgeschlagen, seitdem wird die Idee immer wieder in die Debatte geworfen. Zuletzt hatte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) Mitte November gefordert, "Willkommens- und Ausreisezentren" außerhalb Europas einzurichten, der CDU-Parteitag Anfang Dezember unterstützte ihn dabei. Umgesetzt wurden die Pläne nie.

"Wir haben humanitäre Verpflichtungen im Mittelmeer", sagte SPD-Vizechef Ralf Stegner

Nun also die CSU. In einem Positionspapier mit dem Titel "Deutschland nicht überfordern - Zuwanderung begrenzen" fordert die CSU-Landesgruppe im Bundestag unter anderem, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge sofort nach Nordafrika zurückzuschicken. In der Beschlussvorlage für ihre Klausurtagung vom 4. bis 6. Januar heißt es, man müsse "den Automatismus durchbrechen, dass alle geretteten Menschen nach Europa gebracht werden". Vielmehr müssten die Geretteten "an sichere Einrichtungen in Nordafrika gebracht werden können", an denen das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) eine Versorgung gewährleiste. Als Beispiele nennt die CSU Ägypten und Tunesien.

Befürworter sehen in den Auffanglagern einige Vorteile: Migranten würden von der gefährlichen Fahrt übers Mittelmeer abgehalten und damit Tausende vor dem Ertrinken bewahrt, das Geschäftsmodell skrupelloser Schlepper würde zerstört. Zudem könnten so viele Migranten gestoppt werden, die zu Unrecht versuchen, über einen Asylantrag nach Europa einzuwandern. Sind sie einmal in die EU gelangt, so die Erfahrung, ist es meist sehr schwierig, sie wieder in ihre Heimat zurückzuschicken. Dies zeigte sich dieses Jahr gerade bei abgelehnten Asylbewerbern aus Tunesien, Algerien und Marokko. Außerdem könnte die Migranten in den Zentren über legale Zuwanderungsmöglichkeiten beraten werden.

Das Modell ruft aber auch scharfe Kritik hervor, schon seit dem ersten Vorstoß Schilys. Gegner argumentieren, die Lager verhinderten das Sterben im Mittelmeer nicht, weil weiter Menschen in die Boote steigen würden. Das Problem würde ausgelagert in Staaten, die Menschenrechte missachten wie etwa Ägypten, das individuelle Grundrecht auf Asyl damit faktisch ausgehebelt. Zudem gebe es keine rechtsstaatlichen Verfahren in den Lagern, weil Asylentscheidungen - anders als in EU-Ländern - nicht von einem Gericht überprüft werden könnten. Ungeklärt sei die Frage, welches EU-Land denn tatsächlich Schutzbedürftige aus den Lagern aufnehmen würde. Schon jetzt kommt die beschlossene EU-weite Verteilung von Flüchtlingen aus der Türkei kaum voran.

Und so hagelte es denn auch Kritik an der CSU. "Wir haben humanitäre Verpflichtungen im Mittelmeer", sagte der SPD-Vizechef Ralf Stegner. Auch die SPD wolle Schleppern das Handwerk legen. Vorschläge der CSU liefen aber immer wieder darauf hinaus, das Grundrecht auf Asyl auszuhöhlen.

© SZ vom 30.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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