Venezuela nach den Wahlen:Erbe ohne Charisma

Hugo Chávez hat sich einen schwachen Nachfolger ausgesucht. Nicht nur wegen des knappen Wahlergebnisses wird sich Nicolás Maduro schwertun, das Erbe nur mit Parolen und Heiligenverehrung zu verteidigen. Der Chavismus ist erschöpft.

Ein Kommentar von Peter Burghardt

Wer die Demokratie schätzt, dem muss Venezuela einerseits gefallen. In kaum einem anderen Land der Welt wird so oft gewählt wie in der ölreichen Republik im Norden Südamerikas, und die meisten Venezolaner geben - anders als viele Europäer - gerne ihre Stimme ab. Wahlen und Referenden wurden zum Volkssport, als Hugo Chávez noch regierte. Andererseits: Eine vorbildliche Demokratie ist Venezuela trotzdem nicht. Deswegen könnte der unklare Wahlausgang gefährlich werden.

Chávez hatte zwar eine stabile Mehrheit, weil es vielen Armen dank seiner Sozialhilfe besser ging. Aber er hat die Ölmilliarden und sein Charisma auch gnadenlos dafür eingesetzt, seine eigene Macht zu stärken. Ohne ihn ist Venezuela nun tiefer gespalten denn je.

Der denkbar knappe Vorsprung von Chávez' schwachem Nachfolger Nicolás Maduro ist dem Wahlverlierer Henrique Capriles und dessen Anhängern verdächtig. Die Wahlbehörde täte gut daran, mit einer neuen Auszählung schnell für Klarheit zu sorgen.

Erschöpft ist der Chavismus so oder so. Die Wirtschaft ist zu abhängig vom Ölpreis, und der Einfluss der Armee und Kubas geht selbst manchen Sympathisanten zu weit. Der Caudillo Chávez ist tot. Maduro wird sich schwertun, das Erbe nur mit Parolen und Heiligenverehrung zu verteidigen. Wenn er so weitermacht, dann erledigt sich die chavistische Herrschaft spätestens bei der nächsten Wahl.

© SZ vom 16.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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