China: Todesstrafe gegen Briten:Gefangen in einer Welt der Lüge

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Vom erfolgreichen Taxiunternehmer zum hingerichteten Dealer: Wie der offenbar geistig verwirrte Akmal Shaikh von skrupellosen Drahtziehern zum Drogenschmuggel verleitet wurde - und eine diplomatische Eiszeit zwischen Peking und London auslösen könnte.

Andreas Oldag, London

Noch während des Klima-Gipfels in Kopenhagen Mitte Dezember hatte der britische Premierminister Gordon Brown auf seinen chinesischen Amtskollegen Wen Jiabao eingeredet.

Akmal Shaikh soll nach Angaben seiner Familie an einer bipolaren Störung, einer manisch-depressiven Erkrankung, gelitten haben. (Foto: Foto: Reuters)

Es ging um eine Begnadigung des britischen Drogenschmugglers Akmal Shaikh. Doch selbst hektische Telefongespräche zwischen Außenminister David Miliband und Peking wenige Stunden vor der Hinrichtung Shaikhs konnten die Chinesen nicht zum Einlenken bringen.

Am Dienstag mussten Brown und Miliband die Vergeblichkeit ihrer Bemühungen eingestehen. Er sei "entsetzt und enttäuscht", dass die Gnadengesuche nicht berücksichtigt worden seien, meinte Brown. Besonderes betroffen mache es ihn, dass man keine psychologischen Untersuchungen an dem zum Tode verurteilten 53-Jährigen vorgenommen habe.

Zwar ist London darauf bedacht, die Affäre Shaikh nicht zum diplomatischen GAU werden zu lassen. Zu wichtig sind die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Doch Beamte im britischen Foreign Office sprechen bereits von einer neuen politischen Eiszeit zwischen London und Peking. Britische Menschenrechtsgruppen forderten indes die Labour-Regierung auf, sich stärker gegen die massenweise Vollstreckung von Todesurteilen in China einzusetzen.

Dabei ist die Geschichte des Akmal Shaikh durchaus nicht die eines Gutmenschen. Und sie zeigt, dass ein offenbar geistig Verwirrter, der nach Angaben seiner Familie unter einer bipolaren Störung litt, also einer manisch-depressiven Erkrankung, von skrupellosen Drogenhändlern als Kurier eingesetzt wurde.

Der gebürtiger Pakistaner und Vater von fünf Kindern gründete vor Jahren ein kleines Taxi-Unternehmen im Norden Londons. Der Mann, der stets hart arbeitete, hatte Erfolg. Erste Anzeichen einer geistigen Erkrankung seien dann 2001 deutlich geworden, berichtete sein älterer Bruder Akbar. Auch hat es offenbar Vorwürfe wegen sexueller Belästigung seiner weiblichen Angestellten in der Taxi-Firma gegeben.Britischen Medienberichten zufolge wurde der Klein-Unternehmer deshalb zu einem Bußgeld in Höhe von 10000 Pfund verurteilt.

Im Jahr 2005 brach Shaikh unvermittelt nach Polen auf. Er gab vor, in Osteuropa eine Fluggesellschaft gründen zu wollen, obwohl er von der Branche weder eine Ahnung noch die finanziellen Mittel hatte. Nach Angaben seiner Familie ist er damals zwischen Lublin und Warschau herumgezogen und hat wohl auch in Obdachlosenheimen übernachtet.

"Come Little Rabbit"

Aus dieser Zeit stammen Hunderte E-Mails, die Shaikh an die britische Botschaft in Warschau geschickt hatte. Es sind wirre Nachrichten über seine "Geschäftstätigkeit". Er beschreibt sich darin außerdem als Engel Gabriel, der die Terroranschläge in der Londoner U-Bahn vom Juli 2005 hätte verhindern können. Shaikh berichtet in seinen E-Mails auch von einem Mann namens Carlos. Dieser Mann hätte ihm eine Karriere als Popstar in Kirgisistan versprochen.

Damit nimmt die Verwicklung des Briten in den Drogenschmuggel offenbar ihren Anfang. Nachdem er ein Lied mit dem Titel "Come Little Rabbit" aufgenommen hatte, reiste er mit Hilfe von Carlos tatsächlich nach Kirgisistan. Dort nehmen ihm die falschen Kumpels zeitweise seinen Pass ab. Später überreden sie Shaikh, über Tadschikistan nach China zu fliegen, angeblich, um dort in einem chinesischen Nachtclub als Sänger aufzutreten.

Shaikh nimmt für seine angeblichen Freunde einen Koffer mit. Am 12. September 2007 wird er mit 4030 Gramm Heroin, das in dem Koffer steckte, am Flughafen von Urumqi, der Hauptstadt der Region Xinjiang, festgenommen.

© SZ vom 30.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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