CDU: Wahlkampf im Internet:Obama hilf!

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Die CDU versucht, in ihrem Internetwahlkampf die Methoden des US-Präsidenten zu kopieren - und scheitert an dieser Aufgabe. Es fehlt die Botschaft.

Laura Weißmüller

Beim "Du" fängt es an. In einer Partei wie der CDU wird das "Sie" bislang groß geschrieben. Doch wie, bitte schön, passt der förmliche Umgangston zu den jugendlichen Internetforen, die sich im Superwahljahr 2009 auch die konservative Partei nicht entgehen lassen möchte?

(Foto: Foto: Screenshot)

Man will ja auch noch twittern, was das Zeug hält und sich mit der Welt von Facebook und StudiVZ befreunden. Siezen wirkt da doch recht altbacken. Aber was soll man schon machen, wenn im Januar der Großteil der 4,3 Millionen Klicks auf cdu.de von Usern stammt, die zwischen 40 und 50 Jahre alt sind? Jetzt wird erst einmal demokratisch ausgetwittert, wie man sich im Netz künftig anreden will: mit einem legeren Du oder doch lieber mit einem förmlich-distanziertem Sie?

Am Donnerstag hat die konservative Partei auf jeden Fall schon einmal ihr neues Onlineportal www.cdu.de gestartet - derzeit noch mit einem höflichen "Sie" - und erst mal mächtig aufgeräumt. Kein langes Scrollen mehr zu den Tiefen der Seiten. Weniger ist mehr, heißt nun die Devise, zumindest auf der Startseite.

Ein großes Foto mit Bundeskanzlerin und Parteichefin Angela Merkel wird hier von ein paar kleineren Bildern umrahmt. Statt viel Text, sollen lieber Bilder und Symbole zum politischen Klick verleiten. Dahinter herrscht zwar noch zum Teil die übliche Bleiwüste, doch die CDU zeigt zumindest jugendlichen Willen.

Auch auf bewegte Bilder verzichtet Merkels Partei nicht: Auf einem eigenen Youtube-Kanal www.youtube.com/cdutv gibt es kurze Filmbeiträge. Damit diese auch Hörgeschädigte nutzen können, bietet die CDU als erste Partei in Deutschland dazu Untertitel an.

Das Problem mit dem Farbwechsel

Nicht erst im Vorspann der Filme zeigt sich das Problem mit dem Farbwechsel der Partei vor ein paar Jahren: Von dem ehemaligen CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer noch als die Farbe frischer Apfelsinen angepriesen, lässt sich weiße Schrift eben verdammt schlecht auf orangenem Hintergrund entziffern. Die Roten haben es da schlichtweg einfacher.

Geplant ist, mit dem CDU-Fernsehen den Usern einen Blick hinter die Kulissen zu ermöglichen: Wie man einen Parteitag vorbereitet oder auf welche Weise das CDU-Magazin entsteht, das sollen bald Kurzvideos erklären.

Alles löblich, nur: Alleine der Einsatz einer Wackelkamera wie im Beitrag zum politischen Aschermittwoch ist kein Allheilmittel, um das Gefühl von Authentizität und Begeisterung beim Betrachter zu erzeugen. Sowieso wird man den Eindruck nicht los, dass die CDU in ihrem Internetwahlkampf ein bisschen zu genau das amerikanische Vorbild studiert hat - und dabei übersieht, was ihre Zielgruppe in Wahrheit will.

Doch der Blick in die Neue Welt war einfach zu verlockend: Schließlich hat Barack Obama in seinem Wahlkampf Netzwerke wie Facebook und Onlinebotschaften mit überwältigendem Erfolg eingesetzt. Nicht zuletzt fungierte der Internetwahlkampf für die amerikanischen Demokraten als gigantische Spendentrommel.

Allerdings: Lassen sich die amerikanischen Methoden wirklich so einfach auf den deutschen Wahlkampf übertragen? Oder anders gefragt: Wartet tatsächlich auch der deutsche Wähler fieberhaft auf ein E-Mail von Angie?

Nicht nur die CDU macht Obamas Vorgaben zur virtuellen Messlatte ihres Internetwahlkampfs, auch die SPD möchte online die gleiche mitreißende Dynamik erzeugen wie das Politikwunder aus den Staaten. Zum Jahresanfang präsentierte die SPD deswegen einen neuen Internetauftritt.

Rein optisch gleichen die Startseiten der deutschen Parteien mehr dem politischen Gegner zu Hause als dem Vorbild in Amerika. Gut, die Navigationsleiste ist bei den Sozialdemokraten links statt rechts wie bei der CDU, ansonsten ähnelt sich aber der optische Aufbau enorm: ein Aufmacherbild und darumdrapiert ein paar kleine grafische Elemente und Fotos.

Nur in Sachen Dynamik ist die SPD den Konservativen noch ein Stück weit voraus. Das große Bild wechselt wie in einer Diashow automatisch und macht den Gesamteindruck lebendiger.

Ganz offensichtlich ist das Hauptziel beider Volksparteien, die eigenen Sympathisanten zu motivieren, selbst aktiv zu werden. Manch Wahlkampfleiter mag schon davon träumen, mit seiner Internetbotschaft unzählige Missionare in eigener Sache zu gewinnen und für sich werben zu lassen - ob bei StudiVZ, Facebook oder sonst welchen Plattformen. Amerika hat schließlich bewiesen, dass so etwas funktionieren kann.

Aber auch wenn der SPD-Wahlkampfchef Kajo Wasserhövel den Internet-Wahlkampf zum "Herzstück der Kampagne" erklärt und der CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla die Internetseiten seiner Partei als "Startrampen für politisch Aktive" bezeichnet, hilft der schönste Online-Auftritt nichts, wenn die Botschaft fehlt.

Der Glaube an den Wechsel hat schließlich die Obama-Anhänger motiviert. Deswegen sind sie selbst aktiv geworden und nicht, weil sie diese Nachricht im Internet erfahren haben oder auf ihrem Handy lesen konnten. Doch klare Inhalte fehlen im deutschen Wahlkampf noch - egal, ob auf Plakat oder im Netz.

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