CDU:Der Grieche, der Strobl

Ein einziger Satz reicht aus, um ein grundsätzliches Problem der Unionsfraktion zu illustrieren.

Von Robert Roßmann

Es ist nicht jedem gegeben, mit einem einzigen Satz seine ganze außenpolitische Ignoranz zu offenbaren. Thomas Strobl ist das gerade gelungen. "Der Grieche hat jetzt lang genug genervt", ätzte Strobl in Richtung Athen. Der Mann ist immerhin Angela Merkels Stellvertreter an der CDU-Spitze und Wolfgang Schäubles Schwiegersohn. Ihm scheint aber noch keiner beigebracht zu haben, dass es nicht hilfreich ist, sich als Vertreter des reichsten EU-Staates derart über die arme Verwandtschaft zu äußern - auch wenn diese selbst gerne austeilt.

Strobls Äußerung offenbart auch ein generelles Defizit der CDU. In der Unionsfraktion gibt es keine profilierten Außenpolitiker mehr. Der langjährige Chef des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz, ist aus dem Bundestag ausgeschieden. Sein Nachfolger Norbert Röttgen ist noch ein Novize im Geschäft. Die beiden außenpolitischen Experten der Fraktion, Andreas Schockenhoff und Philipp Mißfelder, sind überraschend gestorben. Und die restlichen CDU-Mitglieder im Auswärtigen Ausschuss sind sogar in Berlin weitgehend unbekannt.

Nach dem Ende des Kalten Krieges hat die Außenpolitik in der CDU lange keine große Rolle mehr gespielt. Wer Karriere machen wollte, suchte sich ein anderes Politikfeld. Das rächt sich jetzt. Dass die Schwäche der Unionsfraktion noch nicht auffällt, liegt an der Kanzlerin. Aber selbst Merkel wird nicht ewig regieren.

© SZ vom 15.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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