Cannabis-Medikamente:Drogen auf Rezept

Ärzte dürfen in Deutschland künftig cannabishaltige Medikamente verschreiben. Die Koalition will die Droge für Therapien von Schwerkranken zulassen, Heime dürfen Notfallvorräte anlegen.

Daniela Kuhr, Berlin

In Deutschland soll es künftig cannabishaltige Arzneimittel auf Rezept geben. Nach FDP-Angaben haben sich die Koalitionsfraktionen am Montag grundsätzlich auf eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelrechts geeinigt. Die Gesetzesänderung solle die Möglichkeit eröffnen, Cannabis-Medikamente in Deutschland herzustellen und für eine Therapie zu verschreiben, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Ulrike Flach.

Cannabis auf Rezept in den Niederlanden

In den Niederlanden dürfen Apotheken bereits seit 2003 Cannabis in kleinen Mengen für medizinische Behandlungen auf Rezept vertreiben. Nun soll das auch in Deutschland möglich sein.

(Foto: dpa/dpaweb)

Im Bundesgesundheitsministerium wollte man sich am Montagabend nicht näher zur der geplanten Verordnung äußern. "Die Änderung des Betäubungsmittelrechts ist Bestandteil der Gespräche zur Gesundheitsreform an diesem Montag und Dienstag", sagte ein Sprecher lediglich. "Solange die Gespräche laufen, können wir nichts dazu sagen."

Laut FDP-Politikerin Flach soll auch die Versorgung sterbender Menschen verbessert werden, um in der letzten Lebensphase deren Schmerzen zu lindern. Heime und Hospize dürften dann Notfallvorräte an Betäubungsmitteln anlegen. "Damit stehen schwerkranken Menschen jederzeit schmerzlindernde Mittel zur Verfügung", sagte Flach. Zudem könnten sich Betroffene freier entscheiden zwischen einer Pflege zu Hause, in einem Hospiz oder einer stationären Versorgung im Krankenhaus.

Bislang müssen Betroffene häufig langwierig mit Behörden, Ärzten und Kassen um die Nutzung von Cannabis-Arznei kämpfen. Nach Auskunft der Arbeitsgemeinschaft "Cannabis als Medizin" (ACM) dürfen derzeit bundesweit lediglich 40 Patienten derartige Medikamente aus der Apotheke beziehen. Eigentlich ist Cannabis ein Rauschgift, das aus Hanfblättern gewonnen und meist als Haschisch oder Marihuana konsumiert wird. Als Medikament soll es aber unter anderem auch die Symptome von Krebs und Multipler Sklerose abmildern.

2007 kaufte eine Patientin erstmals legal Cannabis

Vor knapp zwei Jahren hatten Union, SPD und FDP im Bundestag noch gegen die erleichterte Verwendung von Cannabis in der Medizin gestimmt. Die Kritiker warnten damals vor allem vor dem Suchtpotential und zweifelten am medizinischen Nutzen. Einer aktuellen Umfrage zufolge befürworten allerdings mehr als 75 Prozent der Deutschen die medizinische Verwendung von Cannabis.

Ziel der jetzt in Angriff genommenen Änderung des Betäubungsmittelgesetzes sei allein, dass cannabishaltige Arzneimittel zukünftig nach dem Arzneimittelgesetz zugelassen werden und damit auch schwerstkranken Patienten verschrieben werden können, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums. Cannabis, das nicht Teil eines Medikaments sei, würde weiterhin ein verbotenes Betäubungsmittel bleiben.

Erstmals konnte eine Patientin im August 2007 Cannabis in der Apotheke kaufen. Damals hatte die Bundesopiumstelle dem Antrag einer 51-jährigen Frau aus Baden-Württemberg, die unter Multipler Sklerose litt, unter strengen Auflagen zugestimmt. Die Patientin durfte zunächst für ein Jahr Extrakte aus Hanf legal beziehen, ein Arzt musste die Therapie begleiten.

Immer mehr Studien haben in der Vergangenheit gezeigt, dass Cannabis die Muskelkrämpfe (Spastiken) und Schmerzen lindern kann, die bei der Nervenkrankheit Multiple Sklerose auftreten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: