Bush bei Jay Leno:George W. sucht die Gnade der Geschichte

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Der umstrittene Ex-Präsident malt nun Porträts. George W. Bush zeigt Amerika in der Talkshow von Jay Leno, dass es ihn noch gibt. Doch er bleibt ziemlich unpolitisch. Reicht das, um Amerika mit ihm zu versöhnen?

Von Johannes Kuhn

George W. Bush sieht entspannt aus. So entspannt, dass seinen Kritikern die Zornesröte ins Gesicht steigen dürfte. Gemeinsam mit seiner Frau Laura sitzt er auf dem Sofa des Late-Night-Talkers Jay Leno und wirkt wie ein Mensch, der seinen Frieden gemacht hat. Mit der Welt und seiner Rolle darin, mit seiner Präsidentschaft und der Kritik daran.

"Mir geht es gut damit, dass es noch eine Weile dauern wird, bis die Geschichte darüber befindet, ob meine Entscheidungen konsequent waren oder nicht", erzählt der Ex-Präsident Gastgeber Leno. "Deshalb mache ich mir nicht viele Sorgen." Und dann macht er einen typischen Bush-Witz: Er habe neulich ein neues Buch über George Washington gesehen. "Wenn sie immer noch über den ersten Typen Biografien schreiben, muss sich der 43. Typ keine Sorgen machen."

Friede mit dem "43. Typen". Fünfeinhalb Jahre nach dem Ende der Ära Bush erscheint das zunächst schwer vorstellbar. In einer aktuellen Gallup-Umfrage durften die Amerikaner alle Präsidenten seit Eisenhower bewerten. Schlechter als "The W." schneidet nur Richard Nixon ab.

Allerdings zeigt sich, dass die Beliebtheitswerte des Ex-Präsidenten wieder steigen: Vor allem bei den Anhängern der eigenen Partei, aber auch leicht unter den Unabhängigen. Die "Last des Bush-Erbes", von der so oft die Rede war, ist in den USA inzwischen weit weniger präsent - oder hat sich relativiert:

Ruheständler George W. Bush: auf dem Weg zum "elder statesman"? (Foto: dpa)
  • Die US-Soldaten sind inzwischen aus dem Irak abgezogen, Afghanistan werden USA und Nato 2014 mehr oder weniger dem Schicksal überlassen. Die Kriege der Bush-Jahre sind faktisch vorbei.
  • Amerikas Wirtschaft schwächelt weiterhin, doch sie ist nach der Lehman-Pleite immerhin nicht implodiert.
  • Die Republikaner haben sich nach 2008 in beispielloser Weise extremisiert und gespalten - allerdings nicht zuletzt aufgrund der Schulden-Politik Bushs während der Finanzkrise.
  • Gegen die aktuellen politischen Schlammschlachten in Washington wirkt die Bush-Ära innenpolitisch beinahe wie eine harmonische Gartenparty in Camp David.
  • Obwohl die Anti-Terror-Politik der Bush-Jahre zu den NSA-Überwachungsprogrammen führten, wird vor allem die gegenwärtige Regierung mit der Geheimdienstaffäre identifiziert.
  • Die Hoffnung, dass sein Nachfolger Barack Obama die hohen Erwartungen an die Post-Bush-Ära erfüllen kann, schwindet selbst bei eingefleischten Demokraten von Tag zu Tag.

Nostalgie-Anfälle sind auch 2013 nicht zu erwarten; doch der Mann, der die Welt zur Verzweiflung brachte, hat genau das Richtige getan, um seinen Ruf aufzupolieren: Er hat sich quasi komplett entpolitisiert. Zu aktuellen politischen Fragen äußert er sich kaum. "Es ist nicht gut, wenn der ehemalige Präsident seinem Nachfolger Ratschläge gibt", erzählt er Leno im Gespräch. Auf die Anmerkung, dass nun Obama Ziel des Late-Night-Spotts sei, antwortet er grinsend: "Besser er als ich."

Der neue Bush spielt Golf, fährt mit Veteranen Mountainbike, startet mit seiner Bush-Foundation Anti-Krebs-Initiativen in Afrika. Und er malt - nach Aussagen von Kunstkritikern gar nicht einmal schlecht. Derzeit sind es vor allem Katzen, demnächst laut eigener Ankündigung Staatsmänner und -frauen aus seiner politischen Zeit. Angela Merkel dürfte gewarnt sein.

"Man muss daran glauben, was man tut"

Er vermisse das Rampenlicht nicht, erklärte Bush bei Leno. Allerdings ist der Ex-Präsident seit seiner Genesung von einer Herzoperation im Frühjahr deutlich öfter öffentlich in Erscheinung getreten. "Er will nicht unbedingt in die politische Debatte einsteigen", erklärte der Präsidenten-Historiker Bruce Buchanan von der University of Texas at Austin der konservativen Washington Times, "Aber ich glaube, er will nun die Rolle eines elder statesman annehmen."

Dass sich seine Präferenzen dabei nicht geändert haben, wurde erst vergangene Woche deutlich: Auf einer Konferenz der Öl- und Gas-Industrie zum Thema Fracking sprach er sich für den Bau der von Umweltschützern heftig kritisierten Keystone-XL-Pipeline aus, die Teersand-Öl von Kanada nach Texas transportieren soll. Wenn das für Jobs in der Privatwirtschaft sorgen würde, so Bush, solle man "das verdammte Ding doch bauen".

"Man muss daran glauben, was man tut", sagt Bush bei Leno, auf die Last der Entscheidung angesprochen, die jeder US-Präsident zu tragen hat. Dass der Texaner nach seiner Überzeugung handelte, stand noch nie in Frage. Dass diese Tatsache alleine ausreicht, um als passabler Präsident in die Geschichte einzugehen, schon.

Linktipps: Peter Baker, Autor des jüngst in den USA erschienenen Buchs "Days of Fire: Bush and Cheney in the White House", hat für die New York Times das gegenwärtige Leben des Ex-Präsidenten beschrieben.

Das Online-Magazin der Annenberg School for Communication & Journalism an der University of Southern California berichtet über einen Auftritt Bushs vor geladenen Gästen, in dem er stärker als bei Leno auf seine politischen Entscheidungen einging.

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