Bundeswehr:Weniger Verantwortung

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Die Armee kann nicht zugleich das Land verteidigen und in aller Welt einsatzbereit sein. Parlament und Regierung müssen entscheiden, was wichtiger ist. Und sie müssen das nötige Geld bereitstellen.

Von Joachim Käppner

Die Amerikaner können sehr direkt sein. Ben Hodges, der frühere Oberkommandierende der US-Streitkräfte in Europa, hat einmal höchst undiplomatisch gespottet: Er schätze die deutschen Kameraden sehr, aber noch besser würden sie ihm gefallen, wenn ihre Helikopter auch fliegen könnten. Viele Hubschrauber der Bundeswehr sind noch immer so flugunfähig, wie es der ausgestorbene Vogel Dodo war. Die Mängelliste erscheint schier endlos - weil sich Deutschland übernommen hat.

Die Auslandseinsätze haben so viel Energie, Kraft und Geld gekostet, dass die eigentliche Aufgabe der Truppe, nämlich die Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung, dabei grob vernachlässigt wurde. Die Zeit, als sich in Ost und West hochgerüstete Armeen drohend gegenüberstanden, ist zwar glücklicherweise vorbei. Dennoch sollten die Nato-Staaten gemeinsam die nötige Minimalstärke aufbringen können, um glaubhafte Abschreckung gegen jeden Angriff zu gewährleisten. Und die Bundeswehr ist genau dazu kaum noch in der Lage, wie spätestens seit der Bestandsaufnahme während der Ukrainekrise 2014 deutlich wurde. Das soll sich, wie Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen jetzt ankündigte, endlich ändern.

Wer nicht genug Geld ausgeben will, sollte nicht ständig über Einsätze in aller Welt reden

Die Position der Regierungsparteien ist dabei nicht frei von Widersprüchen: Die Union stellt seit 2005 als größte Regierungspartei die Kanzlerin und trägt die größte Mitschuld an der Misere der Bundeswehr; die Aussetzung der Wehrpflicht und die Unterfinanzierung der Truppe geschah unter Wehrministern aus der Union. Die SPD wiederum, die sich heute in der Koalition so heftig gegen eine Erhöhung des Verteidigungsetats sträubt, regierte mit, als sich die Nato-Staaten verpflichteten, mittelfristig wenigstens zwei Prozent des Bruttosozialproduktes in die Verteidigung zu investieren; derzeit sind es nicht einmal 1,3 Prozent. Jetzt will sie davon nichts mehr wissen und gebärdet sich, als müsse sie eine Wiederkehr des wilhelminischen Militarismus verhindern, wenn man sie an dieses Versprechen erinnert. Niemand aber, der seine Sinne beisammen hat, will einen neuen Rüstungswettlauf wie während des Kalten Krieges oder gar jenen heißen "Angriffskrieg", dessen Planung manche zu Unrecht befürchten.

Es ist leider wahr, dass die Bundeswehr viel mehr Geld benötigt - aber nicht für sinnlose Aufrüstung, sondern vor allem dafür, dass die vorhandene Ausrüstung funktioniert, dass enorme Lücken geschlossen werden und das vorhandene Material nicht als Ersatzteillager für die letzten einsatzbereiten Helikopter und Panzer dienen muss. Vor allem aber hat die Bundeswehr das Recht auf eine klare Vorgabe, was Regierung und Gesellschaft von ihr erwarten - und auf die Mittel dazu. Soll sie von Afghanistan über das Mittelmeer bis nach Mali an internationalen Missionen beteiligt bleiben und gleichzeitig wieder verteidigungsfähig werden, wäre das Geld für das Zwei-Prozent-Ziel wohl schon ausgeschöpft. Will die Regierung diese Rechnung aber nicht bezahlen, dann sollte sie auch ihre Ansprüche herunterschrauben und nicht ständig davon sprechen, Deutschland müsse mehr Verantwortung in der Welt übernehmen.

Russland, das ja als größte mögliche Bedrohung für das Bündnis gilt, hat seinen Militäretat gerade deutlich reduziert. Nichts ändert sich, sagt man bei der Bundeswehr, eben schneller als die Lage.

© SZ vom 07.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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