Bundeswehr:Außer Dienst

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Auf das deutsche Militär könnten infolge der Terroranschläge neue Aufgaben zukommen. Doch der Marine mangelt es bald an einsatzbereiten Fregatten. Zu viele Schiffe müssen instand gesetzt werden.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Wird die Bundeswehr am Ende doch in Syrien eingesetzt? An welchen Krisenherden könnte sie die französischen Streitkräfte entlasten, wenn diese sich auf den Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat konzentrieren? In jedem Fall könnten auf die Bundeswehr neue Aufgaben zukommen - aber ist sie dafür auch ausgerüstet? Bei der Marine etwa könnte es in den nächsten Jahren eng werden.

Das gilt zumindest für die Anzahl der Fregatten, die von 2016 bis 2018 nach derzeitiger Schätzung auf Seefahrt gehen können. Nach internen Zahlen der Marine werden in den nächsten Jahren durchschnittlich nur zwischen vier und fünf der Schiffe tatsächlich operativ zur Verfügung stehen. Und auch diese Zahlen sind offenbar noch eher optimistisch geschätzt - was zum Problem werden könnte, weil die Marine sich bereits jetzt regelmäßig mit Fregatten an den Einsätzen am Horn von Afrika und im Mittelmeer beteiligt. Hinzu kommen "einsatzgleiche" Nato-Verpflichtungen.

Wie konnte es zu dem Engpass kommen? Die Marine verfügt über drei Klassen von Fregatten, es sind die Klassen 122, 123 und 124. Die Lieferung der nächsten, moderneren Klasse 125 aber verzögert sich - wie es bei Rüstungsprojekten ständig vorkommt. Das erste Schiff der Klasse 125, die Baden-Württemberg, sollte ursprünglich Ende 2014 ausgeliefert werden - mittlerweile geht man von 2017 aus. Trotz der Verzögerungen wurden fünf der ursprünglich acht Fregatten der Klasse 122 zuletzt planmäßig außer Dienst gestellt - ohne dass moderner Ersatz gekommen wäre. Das führte dazu, dass die Marine derzeit nur über zehn Fregatten verfügt. Von denen wiederum muss immer eine gewisse Zahl instand gesetzt werden. Hinzu kommt, dass die Klassen 123 und 124 modernisiert werden, was auch zum Engpass beiträgt.

Der Fehler liege vor der Amtszeit der Verteidigungsministerin, sagt der Wehrbeauftragte

"Wenn ein Land wie Deutschland im Jahresdurchschnitt lediglich vier Fregatten zur Verfügung hat, dann ist offenkundig etwas schiefgelaufen", sagt der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels. Der Fehler liege allerdings "vor der Amtszeit der jetzigen Verteidigungsministerin" Ursula von der Leyen. "Damals wurde entschieden, die alten Schiffe im geplanten Tempo außer Dienst zu stellen - obwohl man schon wusste, dass die neuen Fregatten nicht so schnell dazukommen wie ursprünglich erhofft", sagt Bartels. "Angesichts möglicher neuer Verpflichtungen vor dem Hintergrund der jüngsten sicherheitspolitischen Entwicklungen ist das nun besonders misslich." Wenn die deutsche Marine "ihren Beitrag leisten" solle, brauche sie "zuallererst" genügend Schiffe. "Das ist in nächster Zukunft offenkundig nicht der Fall."

Das Ministerium will sich zu den konkreten Zahlen nicht äußern. Stattdessen betont man dort, zum jetzigen Zeitpunkt stünden immerhin sieben Fregatten operativ zur Verfügung. Die Modernisierungen der Klassen 123 und 124, die "vorübergehend die Einsatzverfügbarkeit" verringerten, seien "langfristig geplant" gewesen. Zudem habe man reagiert: Ein Schiff der 122er-Klasse solle "länger in Dienst gehalten werden" - aus "Gründen der Einsatzverfügbarkeit".

© SZ vom 20.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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