Bundeswehr:Ausbilder sollen Rekruten absichtlich überfordert haben

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Ein Ausbildungslager der Staufer-Kaserne. (Foto: dpa)
  • Ausbilder der Staufer-Kaserne in Pfullendorf sollen Soldaten absichtlich überfordert haben.
  • Das berichtet der Spiegel unter Berufung auf einen Bericht des Verteidigungsministeriums.
  • Bei einem Trainingslauf im Januar waren mehrere Soldaten zusammengebrochen, einer musste ins Krankenhaus gebracht werden.

Rund zehn Wochen nach dem Zusammenbruch mehrerer junger Soldaten bei einem Trainingslauf hat die Bundeswehr schwere Vorwürfe gegen Ausbilder der skandalumwitterten Staufer-Kaserne in Pfullendorf erhoben. Der Spiegel berichtet unter Berufung auf ein Bericht des Verteidigungsministeriums, der Trainingslauf am 9. Januar sei von den Ausbildern der Spezialausbildungskompanie 209 "überfordernd" und "nicht angemessen durchgeführt" worden.

Dem Bericht zufolge besteht nach den internen Recherchen der Bundeswehr sogar "der Verdacht, dass der Geländelauf als 'Selektionslauf' angelegt und zumindest die Überforderung einiger Rekruten beabsichtigt war".

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Weiter heiße es in dem Dokument, dass "im vorliegenden Fall nicht nur die Methodik der Sportausbildung falsch war, sondern auch gegen die Grundsätze einer zeitgemäßen Menschenführung und weiterer soldatischer Pflichten verstoßen worden sein könnte". So sollen die Ausbilder keine Pause eingelegt haben, nachdem die ersten Soldaten zusammengebrochen waren. Stattdessen sollen die Vorgesetzen Strafrunden befohlen haben.

Nach Angaben der Bundeswehr brachen sechs Soldaten den Geländelauf wegen körperlicher Erschöpfung oder Verletzung ab. Einer musste ins Krankenhaus. Er soll, wie spätere Untersuchungen gezeigt haben sollen, gesund und schlichtweg überanstrengt gewesen sein.

Gegen zwei Soldaten wurden dem Bericht zufolge bereits Strafen verhängt, wie es beim Spiegel heißt. Ein Hauptfeldwebel, der das Training an dem Tag begleitete, wurde von seinem Posten versetzt. Der Zugführer, ein Oberleutnant, bekam dem Papier zufolge wegen Verstoßes gegen die Fürsorgepflicht und nicht ausgeführte Dienstaufsicht eine Geldstrafe von 2000 Euro.

Staufer-Kaserne bereits öfters aufgefallen

Die Bundeswehr musste schon mehrfach in der Staufer-Kaserne ermitteln, nachdem Anfang 2017 Berichte über angebliche sexuell-sadistische Praktiken die Öffentlichkeit schockiert hatten. Die Justiz bestätigte diese Vorwürfe nicht. Darüber hinaus ging es um qualvolle Aufnahmerituale. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte die Vorgänge als "abstoßend und widerwärtig" bezeichnet. Wegen der Aufnahmerituale wurden vier Soldaten entlassen.

Ebenfalls für Aufsehen sorgte 2017 der Tod eines Soldaten im niedersächsischen Munster. Der 21-Jährige war nach einem Fußmarsch zusammengebrochen und gestorben. Die Bundeswehr sprach im September in einem vorläufigen Bericht zu dem Vorfall von "nicht sachgerechten Entscheidungen" der Befehlshaber. Demnach entsprachen die körperlichen Anforderungen unter anderem nicht dem Leistungsstand der Teilnehmer. Zudem trugen sie bei knapp 30 Grad Feldjacken über ihren Splitterschutzwesten.

Der Tod des jungen Mannes sei vermeidbar gewesen, hieß es in einem Gutachten. Den verantwortlichen Ausbildern droht ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung. Die Bundeswehr kündigte an, die Ausbildung besser an die Fitness der Soldaten anzupassen.

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