Bundesliga:Wem  der Fußball gehört

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Die deutsche Bundesliga setzt im Jahr vier Milliarden Euro um und weigert sich trotzdem, für die Sicherheit der Spiele mitaufzukommen. Ein Richterspruch aus dem kleinen Bremen könnte das nun beenden.

Von Ralf Wiegand

Alarmstufe "Rot", das klingt nicht gut. Das Spiel der Fußball-Bundesliga zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV ist seit jeher eine brisante Angelegenheit. Die Anhänger der Klubs aus den Hansestädten verbindet nicht mehr als die Autobahn A1, beim Fußball gehen alle hanseatischen Tugenden über Bord. Das Spiel, diese Saison auch noch zum sportlichen Überlebenskampf aufgeblasen, ist ein Risiko für die Sicherheit in Bremen. Dass die Deutsche Fußball-Liga (DFL), die Dachorganisation der Profiklubs, ausgerechnet die explosivste Partie des kommenden Spieltags auf den Samstagabend gelegt hat, macht die Sache noch beunruhigender: Aufgepeitschte Fans mischen sich mit Kneipenpublikum, Junggesellenabschieden und den ersten Discovorglühern. "Rot" wird da schnell zu "dunkelrot".

Um solche Hochrisikospiele dreht sich der Rechtsstreit, den sich das Land Bremen und die DFL seit Jahren liefern. 2015 hatte die DFL dagegen geklagt, dass die Bremer Innenbehörde ihr erstmals die Mehrkosten für den Polizeieinsatz eines Bundesligaspiels in Rechnung stellte, per Gebührenbescheid. Hilfe von Beamten aus anderen Bundesländern, Überstunden bei der eigenen Polizei: 415 000 Euro mehr als bei Bundesligaspielen üblich kostete die Sicherung der Sicherheit.

Das Bremer Verwaltungsgericht hatte zunächst der Liga recht gegeben, das Oberverwaltungsgericht sieht das jetzt anders: Der Fußball soll solche Mehrkosten selbst tragen. Revision ist seitens des Ligaverbandes bereits angekündigt. So wird es wohl in letzter Instanz zu dem angepeilten Grundsatzurteil kommen: Wem gehört der Fußball? Ist das noch Sport, ein Allgemeingut, oder nur noch Kommerz, ein Produkt? Muss sich eine Liga, die sich nicht zuletzt für ihre familiengerechten Spiele rühmt, generell an den Kosten für die Sicherheit beteiligen?

Der Fußball hat sich viel herausgenommen in den Jahren seines scheinbar ungehemmten Wachstums. Er versteckt sich immer häufiger hinter Bezahlschranken im Pay-TV, organisiert sich in Kapitalgesellschaften, schreit nach Investoren, holt sich aber gleichzeitig Bürgschaften für sauteure Stadionbauten gerne mal bei der öffentlichen Hand. Man ist ja Arbeitgeber und Werbeträger. Nicht wenige Kommunen haben klammen, von einem Abstieg ausgezehrten Klubs schon unter die Arme gegriffen.

Durch das Urteil der Bremer Richter gilt für das Spiel gegen den HSV nun Alarmstufe rot

Keine Frage: Profivereine leisten in vielen Fällen einen wichtigen Beitrag zum sozialen Leben, im Breitensport, an Schulen, zunehmend auch in der politischen Bildung (gegen rechts). Gemessen an dem, was inzwischen im Fußball umgesetzt wird - vier Milliarden Euro allein in der Bundesliga - kostet das allerdings eher wenig. Je höher die jetzt schon absurden Gehälter und Ablösesummen steigen, ohne dass sich der Fußball als Ganzes dagegen zu wehren vermag, und je professioneller sich die Liga als Unternehmen im globalen Wettstreit generiert, umso kleinlicher klingt die Verweigerung bei den Polizeikosten.

Bis jetzt stand Bremen alleine da im Kampf gegen die Kosten für der Deutschen liebsten Sport; wer will es sich schon mit König Fußball verscherzen. Doch nun werden die Kämmerer in den Flächenländern mal durchrechnen, wie viele solcher 415 000-Euro-Kicks sie pro Saison haben. Für die DFL ist aus dem Spiel gegen das kleine Bremen eine Hochrisiko-Partie geworden: Alarmstufe Rot.

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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