Bürgerkrieg in Syrien:Ex-Premier sieht Assads Regime kurz vor dem Kollaps

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Zum ersten Mal nach seiner Flucht meldet sich der ehemalige Vertraute des syrischen Machthabers Baschar al-Assad zu Wort: Ex-Premierminister Riad Hijab prophezeit dem Regime ein baldiges Ende. Die Regierungstruppen kontrollierten weit weniger Landesteile als angenommen. Am Abend entscheidet der islamische Staatenverbund OIC über den Ausschluss Syriens.

Laut dem ehemaligen syrischen Ministerpräsidenten Riad Hijab, der in der vergangenen Woche zur Opposition übergelaufen war, steht der Bürgerkrieg in Syrien womöglich kurz vor dem Ende.

Ex-Ministerpräsident Riad Hijab sprach im jordanischen Amman erstmals über seine Flucht aus Syrien und gab Einblicke in den Zustand des Assad-Regimes. (Foto: AFP)

Bei einer Pressekonferenz im jordanischen Amman sagte Hijab, das Regime von Baschar al-Assad sei dabei, "moralisch, finanziell und militärisch" zu kollabieren. Laut Hijab soll Assad nur noch 30 Prozent des Landes kontrollieren, der Rest sei bereits in der Hand der Rebellen. Ferner rief Hijab die Opposition zur Geschlossenheit auf und bat die von Assad befehligte syrische Armee, auf der Seite der eigenen Bevölkerung zu stehen. Der Ex-Regierungschef sagte weder, woher seine Informationen über die von Rebellen kontrollierten Gebiete stammen, noch ließ er Nachfragen von Journalisten zu. Unabhängige Informationen darüber gibt es so gut wie nicht.

Unterdessen soll ein Gesandter Assads in die chinesische Hauptstadt Peking geflogen sein, um die Haltung der bisher auf syrischer Seite stehenden Chinesen weiter zu diskutieren. Laut einem Sprecher des chinesischen Außenministeriums überlegt man in Peking jedoch erstmals, auch die syrische Opposition zu Gesprächen einzuladen, vermeldet die britische BBC. China hatte sich gemeinsam mit Russland im UN-Sicherheitsrat stets gegen gemeinschaftliche Sanktionen gegen Syrien ausgesprochen.

In der islamischen Welt steigt derweil der äußere Druck auf das Assad-Regime. Bei einem Gipfeltreffen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC; früher Organisation der Islamischen Konferenz) soll am Dienstagabend in Mekka der Ausschluss Syriens aus dem Staatenbund diskutiert werden, berichtete die saudische Tageszeitung Arab News. "Das Assad-Regime hat einen dunklen Tunnel ohne Ausgang betreten, indem es die legitimen Forderungen und Wünsche des Volkes ignoriert hat", wird OIC-Generalsekretär Ekmeleddin Ihsanoglu zitiert. Der OIC gehören 57 islamische Staaten an. Iran ist nach ersten Erkenntnissen jedoch nicht dazu bereit, Syrien auszuschließen. "Wir müssen nach anderen Lösungen suchen", sagte der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi.

US-Verteidigungsminister Leon Panetta erklärte unterdessen am Dienstag, dass die Einrichtung einer Flugverbotszone über Syrien für die USA derzeit keine Priorität genieße. Panetta räumte ein, dass diese Option als eine von vielen auf dem Tisch liege, eine Entscheidung diesbezüglich aber nicht so rasch fallen dürfte. Für die Einrichtung einer Flugverbotszone ist ein Beschluss des UN-Sicherheitsrats vonnöten.

In Syrien selbst ist die Armee am Dienstag in Vorstädten von Damaskus, in der Wirtschaftsmetropole Aleppo, in Homs und anderen Orten gegen Stellungen der bewaffneten Rebellen vorgegangen. Dabei wurden erneut Kampfflugzeuge, Panzer und Artillerie eingesetzt. In der Vorstadt Hamurija bei Damaskus fanden die Bewohner laut Aktivisten 15 Leichen in den Trümmern eines Hauses, das zuvor aus der Luft bombardiert worden war. Die Informationen ließen sich zunächst von unabhängiger Seite nicht bestätigen.

© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/fbo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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