Brüssel:Glückwünsche für Orbán

Die Christdemokraten riskieren ihre Glaubwürdigkeit.

Von Daniel Brössler

Wenn es darum geht, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und europäische Werte zu verteidigen, dann ist das in Brüssel für gewöhnlich die Zeit der ganz großen Koalitionen. Einig und entschlossen haben sie in den vergangenen Jahren im EU-Parlament gegen den autoritären Staatsumbau in Polen protestiert. Die christdemokratische Europäische Volkspartei (EVP) ging dabei gerne voran. Auch auf den Wahlsieg des Rechtspopulisten Viktor Orbán hat sie prompt reagiert - mit Glückwünschen.

Das ist kein Wunder, Orbáns Fidesz gehört ja zur EVP. Zu den Eigenheiten des Europäischen Parlaments zählt, dass die dort vertretenen Fraktionen ein weites politisches Feld bewirtschaften. Es herrscht ein hohes Maß an Toleranz und Duldungsbereitschaft. Das ist richtig, denn anders ließen sich Kooperation und Konkurrenz Hunderter nationaler Parteien nicht auf europäischer Ebene organisieren.

Doch auch wenn Grenzen hier weiter gefasst sind, muss es sie geben. Orbán hat die Demokratie in Ungarn bereits schwer beschädigt und er hetzt notorisch gegen Brüssel. Zugleich weiß er um den Nutzen der EVP, die ihn gegen den Druck breiter Bündnisse schützt. Man binde Orbán ein, lautet das Argument. Eher aber ist es umgekehrt. Die EVP muss entweder auf ein paar Abgeordnete verzichten oder auf ihre Glaubwürdigkeit.

© SZ vom 12.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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