Brüssel:Bedingt abwehrbereit

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Die EU will in Zukunft mehr Geld in einen Verteidigungsfonds stecken. Damit soll auch der große Rückstand gegenüber den USA verringert werden.

Von Daniel Brössler und Alexander Mühlauer, Brüssel

In den vergangenen Monaten haben sich Beamte und Experten der EU-Kommission ziemlich ausführlich mit Panzern, Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen beschäftigt. Insbesondere haben sie sich angeschaut, wie die Europäer dastehen im Vergleich mit den USA. Das Ergebnis ist ernüchternd ausgefallen. Wo die Europäer sich 17 verschiedene Typen von Kampfpanzern leisten, ist es in den USA einer. Bei den Kampfflugzeugen steht es 20 zu sechs, bei Zerstörern und Fregatten 29 zu vier. Der europäischen Verteidigungsindustrie bescheinigt die EU-Kommission ein "hohes Maß an Fragmentierung", der sie nun den Kampf ansagen will.

An diesem Mittwoch bringt sie zu diesem Zweck einen Europäischen Verteidigungsfonds auf den Weg. Die EU-Kommission stellt sich das als wesentlichen Baustein bei der Errichtung einer umfassenderen Sicherheits- und Verteidigungsunion vor. Zusammen mit dem Fonds präsentiert sie deshalb auch ihr Diskussionspapier zur Zukunft der europäischen Verteidigung. Zwar will die Europäische Union nicht in Konkurrenz zur Nato treten, für zuständig hält sie sich aber schon. Die Menschen, heißt es in dem Papier, erwarteten Schutz von der Union. "Sie verlangen, verdienen und müssen in der Lage sein, sich sicher zu fühlen in Europa."

Nach dem Willen der Brüsseler Behörde müssen die EU-Staaten deshalb deutlich mehr Geld für Verteidigung ausgeben. Sie sollen in den neuen Fonds einzahlen, um künftig in gemeinsame Projekte zu investieren, etwa in Helikopter- oder Drohnentechnologien. Geht es nach der EU-Kommission, soll sich die eingezahlte Summe in den kommenden Jahren vervielfachen. Zum Vergleich: In diesem Jahr sollen etwa 25 Millionen Euro pro Jahr ausgegeben werden; bis 2020 sollen es 90 Millionen Euro sein. Danach greift ein neues EU-Budget, das mehrjähriger Finanzrahmen genannt wird. Im Zuge dessen sollen die Investitionen in Verteidigungstechnologien auf mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr ansteigen.

Die Europäer fühlen sich von US-Präsident Trump unter Druck gesetzt

Die EU-Kommission glaubt, dass sie das beste Argument dafür auf ihrer Seite hat: Der Behörde zufolge kostet die bislang mangelnde Kooperation in Verteidigungsfragen die EU jährlich zwischen 25 und 100 Milliarden Euro. Das soll sich mit dem geplanten Fonds ändern. Zusätzlich zu den bereits genannten Summen soll es den Mitgliedstaaten freistehen, im Zuge von verstärkter Zusammenarbeit Projekte mit eigenem Kapital oder mithilfe von EU-Unterstützung zu entwickeln. Die Entscheidung, wie viel Geld in welche Techniken investiert wird, sollen weiter die Mitgliedsländer treffen.

Die EU-Kommission verweist darauf, dass die Verteidigungsausgaben der Europäischen Union in den vergangenen zehn Jahren konstant bei etwa 200 Milliarden Euro geblieben seien. China hingegen habe sein Verteidigungsbudget im selben Zeitraum um 150 Prozent gesteigert. Auch die Vereinigten Staaten hätten allein 2015 mehr als doppelt so viel wie die EU in Verteidigung investiert.

Die Europäer stehen zudem unter dem Druck von US-Präsident Donald Trump, der sie immer wieder ermahnt, deutlich mehr für die Verteidigung zu tun. "23 von 28 Nato-Staaten zahlen nicht, was sie zahlen sollten", klagte Trump zuletzt bei seinem Besuch in Brüssel. Dies sei unfair gegenüber "dem Volk und den Steuerzahlern der USA". Der Präsident wiederholte auch die Behauptung, dass einzelne Mitglieder der Allianz große Summen schuldeten. Die EU will nun das ihre tun und auch die Kooperation mit der Nato verstärken.

© SZ vom 07.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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