Brasilien:Lulas Rückkehr

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Luiz Inacio Lula da Silva und Dilma Rousseff (links) bei einer Parteiveranstaltung. (Foto: AP)

Brasiliens Ex-Präsident steht unter Korruptionsverdacht. Obwohl die Justiz gegen ihn ermittelt, will er 2018 wieder Staatschef werden. Zur Freude seiner zahlreichen Anhänger.

Von Anna Dreher, München

Fünf Stunden lang wies er Vorwürfe zurück und kritisierte die Staatsanwaltschaft. Und weil seine Anhänger, die zu Tausenden ins südbrasilianische Curitiba gereist waren, das alles hinter den verschlossenen Türen des Obersten Bundesgerichtshofs nicht hören konnten, sagte es ihnen der frühere brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva nach der Anhörung am Mittwoch noch einmal: "Beschuldigungen müssen ernsthaft, gut begründet sein, keine Spekulation." In dieser Anklage aber stecke wenig Substanz. Auf seine Reaktion auf die von dem gefürchteten Richter Sergio Moro geführte Befragung zu den Korruptionsvorwürfen folgte dann noch eine Ankündigung der besonderen Art. "Ich bereite mich darauf vor, wieder Kandidat in diesem Land zu sein, nie hatte ich mehr Lust dazu", sagte Lula. "Ich will zeigen, dass die Elite nicht in der Lage ist, dieses Land in Ordnung zu bringen."

Gegen den 71-Jährigen, der es aus armen Verhältnissen erst zum Arbeiterführer und 2003 zum Staatsoberhaupt schaffte, laufen mehrere Prozesse. Seit 2014 wird in Brasilien wegen Schmiergeldzahlungen im größten Korruptionsskandal des Landes gegen große Teile der politischen und wirtschaftlichen Elite ermittelt. Für illegale Zahlungen an Parteien und Personen durch Bauunternehmen sollen diese im Gegenzug Aufträge erhalten haben, die weit über dem Marktwert lagen. Der staatliche Ölkonzern Petrobras steht im Zentrum der größten strafrechtlichen Untersuchung Brasiliens, der "Operaçao Lava Jato", Operation Hochdruckreiniger, während derer bereits zahlreiche Politiker und Geschäftsleute schuldig gesprochen worden sind - aktuell wird neben Lula gegen 74 Politiker und Funktionäre ermittelt.

Die Höhe der Zahlungen beläuft sich laut Staatsanwaltschaft auf mehr als drei Milliarden Dollar innerhalb von mehr als einem Jahrzehnt. Lulas Arbeiterpartei PT soll während seiner siebenjährigen Amtszeit Bestechungsgeld in dreistelliger Millionenhöhe erhalten haben. Auch er persönlich soll in Schmiergeldzahlungen verwickelt sein.

Ob Lula also überhaupt wieder für das höchste Amt Brasiliens kandidieren kann, ist fraglich. Moro stellt auf dem Weg zurück zur Macht die größte Hürde Lulas dar. Sollte der 44-jährige Richter ihn schuldig sprechen, könnte Lula verhaftet und somit vom Wahlkampf ausgeschlossen werden. Das Aufeinandertreffen der beiden im Gerichtssaal wurde in Brasilien zu einem Duell hochstilisiert. Moro selbst blieb jedoch zurückhaltend. Er habe persönlich nichts gegen Lula. "Am Ende werden die gesammelten Beweise und das Gesetz entscheidend sein", sagte er.

In der Bevölkerung genießt Lula nach wie vor eine hohe Popularität. Obwohl das Image des Politikers während der Ermittlungen gelitten hat, gehört er noch immer zu den beliebtesten Führern des Landes. Vor allem in den ärmeren Bevölkerungsgruppen hat er viel Rückhalt - sie haben am meisten von seiner Sozialpolitik profitiert. In einer Umfrage der Agentur Datafolha zur Präsidentschaftswahl 2018 erhält Lula Zustimmungswerte von bis zu 31 Prozent. Das wäre doppelt so viel wie die grüne Spitzenkandidatin Marina Silva, die bei den Wahlen 2014 Dritte wurde. Gewonnen hatte damals Lulas politische Mitstreiterin Dilma Rousseff, die 2016 ihres Amtes enthoben wurde. Seitdem ist der Konservative Michel Temer Präsident - laut Umfragen der unbeliebteste Politiker in der Geschichte Brasiliens.

© SZ vom 12.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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