Brasilien:Jedes vierte Ministerium wird abgeschafft

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff kündigt eine umfassende Umbildung des Kabinetts an und stärkt den Koalitionsparnter PMDB. Das strategische Interesse dahinter ist offenkundig.

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hat am Freitag eine umfassende Regierungsumbildung verkündet, in deren Zuge acht von 31 Ministerien geschlossen werden sollen. Etwa 3000 Stellen in der Regierung sollen wegfallen, auf diese Weise sollen pro Jahr umgerechnet 45 Millionen Euro im Haushalt eingespart werden. Die 67-Jährige nannte die Entscheidung "einen ersten großen Schritt zur Neuorganisation der öffentlichen Verwaltung". Die Schließung der acht Ministerien sei erst "der Beginn", so Rousseff. Zudem sollen die Gehälter der verbliebenen Minister um zehn Prozent gekürzt werden. Ihr bisheriger Stabschef Aloízio Mercadante soll Bildungsminister werden, als Stabschef soll ihm Verteidigungsminister Jacques Wagner nachfolgen. Rousseffs Wirtschaftsteam unter Führung von Finanzminister Joaquim Levy bleibt dagegen im Amt.

Eine Regierungsumbildung war erwartet worden. Brasilien ist durch Korruption, Rezession und politische Instabilität in eine Krise geraten. Ermittlungen wegen Bestechung und Geldwäsche erschüttern seit mehr als einem Jahr Regierung und Staatsunternehmen. Umfragen der allerdings konservativ gesteuerten Massenmedien zufolge befürworten zwei Drittel der Brasilianer Rousseffs Rücktritt, zudem steht ihr möglicherweise ein Amtsenthebungsverfahren bevor, das die Opposition betreibt. Von der Kabinettsumbildung profitiert die Partei PMDB, der größte Partner in der Koalition mit der linken Arbeiterpartei Rousseffs, am stärksten. Durch die Aufwertung der PMDB-Minister verspricht sich die Präsidentin offenbar politische Unterstützung, um Wirtschaftsreformen durch das Parlament zu bringen und das Amtsenthebungsverfahren auszubremsen.

Die Regierung hatte erst vor wenigen Tagen Einsparungen und Steuererhöhungen von umgerechnet 15 Milliarden Euro bekanntgegeben. Zudem sollen im öffentlichen Dienst die Löhne eingefroren werden, es soll einen Einstellungsstopp geben. Auch soziale Ausgaben etwa im Wohnungs- und Gesundheitsbereich sollen spürbar gekürzt werden.

© SZ vom 05.10.2015 / sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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