Betreuungsgeld:Kommunen fürchten betrügerische Eltern

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Kinder, die privat betreut werden, bekommen bald Betreuungsgeld. Ob die Eltern ihre Kleinen aber nicht doch in die Kita schicken und nebenbei noch das Betreuungsgeld einsacken, kann niemand kontrollieren. In den Kommunen befürchtet man schon jetzt einen "gewissen Mitnahmeeffekt".

Ulrike Heidenreich

Betreuungsgeld: Viele Kommunen fürchten, dass Eltern kassieren, obwohl ihr Kind in die Kita geht. (Foto: dapd)

Notfalls werde er persönlich in jeder Kabinettssitzung ein paar Überweisungen für die Auszahlung von Betreuungsgeld ausfüllen - so hatte es Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) im Sommer angekündigt. Damals hatte seine Sozialministerin zusätzliche Stellen für die Bewältigung dieser staatlichen Prämie gefordert, aber nicht bekommen. Die übliche Ironie Seehofers, aber auch ein bisschen Sorge schwangen da mit. Schließlich konnte noch keiner absehen, welcher Verwaltungsaufwand auf die Behörden zukommt. So genau weiß das jetzt, kurz nach der von der CSU forcierten Verabschiedung des Betreuungsgeldes, auch keiner. Es gibt aber die Befürchtung, dass hier dem Sozialmissbrauch Tür und Tor geöffnet werden.

Denn die Bundesregierung hat die Leistung an eine Vorgabe geknüpft: Nur Eltern von Kindern im zweiten Lebensjahr, die privat betreut werden, erhalten vom 1. August 2013 an anfangs 100 Euro monatlich. Was passiert, wenn Eltern Betreuungsgeld beantragen, sie aber verschweigen, dass ihr Kind gleichzeitig in einer öffentlich geförderten Kindertagesstätte für unter Dreijährige vergnügt spielt? Wer kontrolliert das - und vor allem: Kann man das überhaupt kontrollieren?

Beim Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) ist man der Meinung: Nein. Man befinde sich auf Neuland, in einem "undurchsichtigen Dreieck", sagt Ursula Krickl vom DStGB. "Es gibt keine zentralen Register, mit denen sich abgleichen lässt, ob ein Kind, für das Geld gefordert wird, irgendwo eine Kita besucht." Krickls Chef Gerd Landsberg sieht datenschutzrechtliche Probleme, die eine Abgleichung unmöglich machen könnten. Beim Bayerischen Landesamt für Datenschutz will man das Thema nun angehen. "Es sind sicher datenschutzrechtliche Fragestellungen im Betreuungsgeld enthalten", sagt ein Sprecher.

Politik muss auf das Wort der Eltern vertrauen

Seit Dienstag berät das Präsidium des Deutschen Städtetags bei einem zweitägigen Treffen über den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz, der von Sommer 2013 an gilt. 120 Stadtoberhäupter brüten über Lösungen, um 220.000 bundesweit noch fehlende Plätze irgendwo herzuzaubern. Mut zur Lücke ist später noch ausgeprägter gefragt, wenn es an die Auszahlung des Betreuungsgeldes geht. "Wir müssen auf das Wort der Eltern vertrauen", sagt Ursula Krickl vom DStGB, gleichwohl befürchte man einen "gewissen Mitnahmeeffekt".

Die Auszahlung des Betreuungsgeldes soll in die bestehenden Verwaltungsstrukturen, die für das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz geschaffen wurden, eingebettet werden. In den meisten Bundesländern müssen die Eltern die Anträge beim Jugendamt in ihrem Wohnort stellen. Geben sie dann ihr Kind nur ein paar Kilometer entfernt in eine Krippe, habe die Behörde keinerlei Möglichkeit der Prüfung, so Krickl. Schwierig werde es weiter bei der Einsicht von Listen von kirchlichen Kinderbetreuungseinrichtungen, die öffentlich gefördert werden.

Eine "unbürokratische Auszahlung" des Betreuungsgeldes hatte Seehofer verlangt, als er in Bayern den Doppelhaushalt 2013/2014 vorlegte und Kritikern auf gar keinen Fall zusätzliche Munition liefern wollte. Sozialministerin Christine Haderthauer hatte damals 134 zusätzliche Planstellen zur Verwaltung der umstrittenen Leistung gefordert. Sie bekam am Ende: Null. Ein Sprecher sagte am Dienstag, dass dies inzwischen gar kein Problem mehr darstelle. Seine Begründung: "Da hier nun doch kein gesonderter Nachweis der Vorsorgeuntersuchung notwendig ist, ist diesbezüglicher zusätzlicher Vollzugsaufwand entfallen."

© SZ vom 14.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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