Berlusconi und Patrizia D'Addario:Callgirl im Zentrum der Macht

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Silvio Berlusconi scheint die Affäre D'Addario überstanden zu haben. Besser noch läuft es für seine kurzzeitige Begleiterin: Sie hat es zu einer Celebrity geschafft.

J. Müller-Meiningen

Patrizia D'Addarios Ferienpläne stehen fest. Sie wird arbeiten. Gerade ist die 42-Jährige als Stargast zu Discoabenden in die Türkei geflogen, ein gut dotierter Zeitvertreib, dem sie bereits in einem Pariser Etablissement nachgegangen war. In Spanien ließ sie Nacktfotos für eine Illustrierte von sich machen.

Patrizia D'Addario hat eine Handvoll neuer Jobs. (Foto: Foto: AFP)

Ende August ist sie wieder in Spanien, eingeladen in die Boxengasse anlässlich des Formel-1-Rennens in Valencia. Zudem verhandelt sie mit einem spanischen Fernsehsender über ihre Rolle in einer Reality-Show. Und ein Buch über ihr Leben wird sie schreiben, das hat sie angekündigt. "Alle wollen sie mich", sagt das Callgirl aus Bari in Süditalien, und meint damit nicht ihre bisherigen Klienten, sondern die italienischen Fernsehsender.

Patrizia D'Addario, bekannt als Sonderbegleiterin des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi über zwei Nächte hinweg, hat ihren Beruf gewechselt. Sie geht nun nicht mehr mit Politikern ins Bett, sondern hat es zu einer Celebrity geschafft. D'Addario sieht sich sogar gezwungen, ihre sogenannten Escort-Dienste aufzugeben. Als Prostituierte ist sie aufgeflogen, ihre Kunden legen viel Wert auf Diskretion. Diese sei angesichts ihrer Bekanntheit nun nicht mehr gewährleistet. So hat es D'Addario selbst in einem ihrer zahlreichen Interviews angedeutet.

Neben ihrer 13-jährigen Tochter hütet die Italienerin vor allem zwei mit ihrem Mobiltelefon in Berlusconis römischem Stadtpalast aufgenommene Tondokumente - als Beweise für ihre Treffen. Sowohl die Staatsanwaltschaft in Bari als auch die Nutzer des Online-Portals der Zeitschrift Espresso, die die Aufnahmen veröffentlichte, konnten ihre und Berlusconis Flüstereien nachhören.

Warum die Italienerin überhaupt Mitschnitte von ihren Begegnungen mit dem Ministerpräsidenten machte und anschließend damit an die Öffentlichkeit ging, erklärte sie selbst so: Seit sie einmal Probleme mit einem anderen Mann hatte, gehe sie nur noch mit Aufnahmegerät zu wichtigen Treffen. Den Ministerpräsidenten habe sie um Hilfe gebeten wegen einer lang ersehnten Baugenehmigung für ein Grundstück ihrer Familie in Bari. Als Berlusconi sein Versprechen, die Sache zu regeln, nicht hielt, habe sie aus Enttäuschung die Öffentlichkeit gesucht. Auch der Vorschlag, sie als Kandidatin für die Europawahl aufzustellen, sei später wieder verworfen worden.

Der Schaden ist begrenzt, den D'Addario mit ihrem Coming-out Ende Juni für den 72-jährigen Ministerpräsidenten anrichtete. Berlusconi hat bis auf das Geständnis, er sei schließlich kein Heiliger, die Affäre erfolgreich bestritten. Seit dem G-8-Gipfel in L'Aquila beschäftigt er sich vor allem mit sich selbst.

Vor kurzem hat er eine Kur angetreten, hat einen neuen Stürmer für seinen Fußballverein AC Mailand kaufen lassen und ließ sich in Ankara als Pate eines milliardenschweren Energie-Geschäfts zwischen Russland und der Türkei feiern. So rettet sich Berlusconi mit Erfolg über den Sommer. Seine bis dahin ausgezeichneten Umfragewerte sind zwar ein wenig gefallen. Die Affäre D'Addario scheint der Ministerpräsident aber überstanden zu haben.

© SZ vom 8.8.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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