Beiträge zur Arbeitslosenversicherung:Wider die Vernunft

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"Der Staat hat Geld wie Heu, er gibt es nur an der falschen Stelle aus": Über alle Parteigrenzen hinweg warnen Politiker vor höheren Abgaben. Die Bundesregierung hält sich die Option trotzdem offen.

Angesichts einer Rekordverschuldung und immer neuer Milliardenausfälle im Haushalt ist klar, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gewaltige Löcher im Haushalt stopfen muss. Aber wie kann die Bundesregierung sparen? Und wo neue Einnahmen erschließen?

Politiker fürchten, dass eine Anhebung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung die Situation auf dem Arbeitsmarkt verschlechtern würde. (Foto: Foto: ddp)

Trotz parteiübergreifend Kritik an den Überlegungen lässt sich die Koalition die Möglichkeit offen, den Arbeitslosenbeitrag stärker als ohnehin festgelegt zu erhöhen. Der Haushaltsexperte der Unionsfraktion, Norbert Barthle (CDU), hatte eine Erhöhung ausdrücklich nicht ausgeschlossen.

Doch gegen diese Spekulationen formiert sich parteiübergreifend Kritik. Nicht nur Opposition, Steuerzahlerbund und Arbeitgebervertreter, sondern auch Politiker von Union und FDP warnen davor.

Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) wandte sich gegen eine Erhöhung des Arbeitslosenbeitrags über die feststehenden 3,0 Prozent hinaus. "Wir dürfen den Faktor Arbeit nicht zusätzlich belasten", sagte er dem Hamburger Abendblatt.

Zugleich forderte er einen Subventionsabbau. Um die Schuldenbremse im Grundgesetz einzuhalten, müsse die Regierung die Ausgabendisziplin erhöhen. "Der Staat hat Geld wie Heu, er gibt es nur an der falschen Stelle aus", so Niebel weiter.

Auch der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, ist "strikt dagegen, dass wir Sozialabgaben erhöhen". "Wir müssen alles vermeiden, was Arbeit in Deutschland teurer macht", sagte er der Passauer Neuen Presse.

Ähnlich äußerte sich der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU- Bundestagsfraktion und Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand, Michael Fuchs. "Wir sollten lieber auf Steuersenkungen verzichten, als die Sozialbeiträge zu erhöhen", sagte Fuchs der Bild-Zeitung.

Der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, sagte Spiegel Online: "Sparen, nicht erhöhen, lautet das Motto." Er schlug vor, "weitere Einsparungen in der Arbeitslosenversicherung zu prüfen und versicherungsfremde Leistungen auszulagern".

Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser bezeichnete in der Bild-Zeitung Beitragserhöhungen bei der Arbeitslosenversicherung als "Gift für Firmen und Beschäftigte" in der aktuellen Wirtschaftskrise. "Besser wäre es, auf Steuersenkungen zu verzichten."

SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sah im Kölner Stadt-Anzeiger bei der Bundesregierung "ein hohes Maß an Hilflosigkeit, wie sie Klientelgeschenke in Form von Steuersenkungen und die Konsolidierung des Haushalts unter einen Hut bringen will".

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) erwartet als Folge des umstrittenen Steuersenkungspakets der Bundesregierung höhere Kindergartengebühren. Kommunen als Träger müssten sich "über höhere Gebühren und Beiträge von den Bürgern wieder hereinholen, was Schwarz-Gelb ihnen wegnimmt", sagte er der Frankfurter Rundschau.

Der Grünen-Haushaltspolitiker Alexander Bonde warf der Bundesregierung in der Stuttgarter Zeitung vor, die Bevölkerung vor der Landtagswahl im Mai in Nordrhein-Westfalen im Unklaren darüber zu lassen, was auf sie zukommt.

Warten auf die Steuerschätzer

Der Steuerzahlerbund forderte Ausgabenkürzungen: in der Arbeitsmarktpolitik, bei der Rüstung und bei der Förderung des Steinkohlebergbaus. "Union und FDP sind gewählt worden für das Versprechen, Steuern in erheblichem Umfang zu senken. Wenn jetzt gleichzeitig über neue Einnahmemöglichkeiten nachgedacht wird, dann bereitet die Koalition nichts anderes als einen Wählerbetrug vor", kritisierte Hauptgeschäftsführer Rainer Holznagel in der Leipziger Volkszeitung.

Befördert wird die Debatte dadurch, dass unklar ist, wie die Regierung in den nächsten Jahren das gigantische Haushaltsdefizit stopfen will. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will bis Juli 2010 ein Sparpaket schnüren.

CSU-Landesgruppenchef Friedrich unterstrich, dass die 2011 geplanten weiteren Steuerentlastungen unter Finanzierungsvorbehalt stünden. "Wenn wir nach der Steuerschätzung (im Mai) wenig Spielraum haben, gibt es wenig Entlastung. Das müssen wir abwarten."

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