Beate Zschäpe im NSU-Prozess:Zschäpe, das Opfer

Für Zschäpe ist es wichtig zu behaupten, sie habe ja stets reden wollen, man habe sie nur nicht gelassen. (Foto: dpa)

Auch im Streit mit ihren Anwälten Heer, Stahl und Sturm stilisiert sich Beate Zschäpe zum Opfer. Sie folgt dabei einer klaren Strategie für den NSU-Prozess.

Kommentar von Tanjev Schultz

Sie gibt keine Ruhe. Erneut überzieht Beate Zschäpe ihre eigenen Verteidiger mit schweren Vorwürfen. Sie verzeiht ihnen nicht, dass sie ihr zum Schweigen geraten hatten. Dabei war dieser Rat, juristisch gesehen, nicht der schlechteste. Zschäpes selbstherrliches Gebaren passt nicht zu der Geschichte, die sie konstruiert hat. Sie stellt sich mal wieder als Opfer dar: diesmal nicht als Opfer ihrer Terroristen-Freunde, die angeblich nicht auf sie hören wollten, sondern als Opfer eigensinniger Anwälte.

Ihr Minimalziel: Anwalt Hermann Borchert als fünften Pflichtverteidiger

Zschäpes Attacken verraten etwas über ihren Charakter, folgen aber auch einem Kalkül. Als Minimalziel will die Angeklagte durchsetzen, dass sie den Anwalt Hermann Borchert als fünften Pflichtverteidiger erhält. Ihm vertraut sie.

Gemeinsam mit Borchert und dessen Kollegen Mathias Grasel hatte Zschäpe die Erklärung ausgearbeitet, mit der sie sich erstmals zur Anklage äußerte. Verweigert ihr das Gericht den weiteren Anwalt und entbindet die Altverteidiger nicht von ihrem Mandat, macht sich Zschäpe offenbar Hoffnung auf einen guten Revisionsgrund. Zudem zählt, wenn man Richter milde stimmen möchte, ein frühes Geständnis mehr als ein spätes.

Behaupten kann man vor Gericht vieles

Auch deshalb ist es für die Angeklagte so wichtig zu behaupten, sie habe ja stets reden wollen, man habe sie nur nicht gelassen. Behaupten kann man vor Gericht vieles. Ob sich die Richter davon beeindrucken lassen, ist eine andere Frage.

© SZ vom 28.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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