Aufstand in Syrien:Assad löscht das Feuer der Rebellion mit Blut

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Syriens Machthaber Assad will die Aufständischen in ihrer Hochburg Homs regelrecht ausrotten. Doch das Übergewicht der Waffen sichert Syriens Machthaber keinen politischen Erfolg. Seine jetzigen Reformversprechen lassen sich auf die Formel bringen: zu wenig und zu spät.

Rudolph Chimelli

Baschar al-Assad muss seinen Beschützern etwas bieten. Die Russen haben den bedrängten syrischen Präsidenten im UN-Sicherheitsrat zusammen mit den Chinesen vor einer Verurteilung gerettet. Aber sie drängen ihn zu Reformen, die Verhandlungen mit Teilen der Opposition ermöglichen und sein Ansehen bei dem von den Kämpfen verschreckten Stadtbürgertum von Damaskus und Aleppo sowie bei den Minderheiten wieder festigen sollen.

Feuer der Rebellion mit Blut gelöscht: In Homs gehen die Truppen des syrischen Machthabers Assad massiv gegen die Aufständischen vor. (Foto: AFP)

Allein mit Verschleppungstaktik kommt Assad also nicht mehr durch. Deshalb soll die Volksabstimmung über eine liberalisierte Verfassung bereits in zehn Tagen statt erst im März stattfinden. Auch durch die bevorstehende Abstimmung in der UN-Vollversammlung über eine Verurteilung seines Regimes gerät Assad unter Zeitdruck.

Durch seine Geste kann er hoffen, dass die sich abzeichnende Mehrheit gegen ihn wieder bröckelt. Vielen Staaten der Dritten Welt bereitet es Missbehagen, wenn eine westlich geführte Kampagne das Ziel hat, über einen von ihnen zu richten. Zudem gibt es viele Regierungen, die Assad zwar für ein Übel halten, aber nach seinem Sturz schlimmeres Chaos fürchten.

Zu den wenig beachteten Stützen des syrischen Präsidenten gehört Bagdad. Man muss für diese Einsicht nicht die ferne Glaubensverwandtschaft zwischen irakischen Schiiten und syrischen Alawiten bemühen. Es genügt zu wissen, dass ein Syrien, das im Bürgerkrieg versinkt, für das labile Irak eine Katastrophe wäre.

Ende März löst Irak das Assad feindlich gesinnte Katar im Vorsitz der Arabischen Liga ab. Sicher ist vor allem, dass ein freundliches Irak für Assad die Verbindungen zu den iranischen Verbündeten garantiert. Libanon wünscht gleichfalls keinen Umsturz in Damaskus, will von Sanktionen nichts wissen und hält Syriens Westgrenze offen. Noch immer schießen Assads Truppen mit Panzern, die Aufständischen im Wesentlichen mit Handfeuerwaffen.

Assad will die Aufständischen ausrotten

Syrien ist nicht Libyen. Niemand im Westen will sich auf militärische Abenteuer einlassen. Rücktrittsforderungen und Reden über "humanitäre Korridore" ändern nichts an der Lage. Weder im Sicherheitsapparat Assads noch unter seinen hochrangigen Offizieren gibt es bisher Dissidenten.

Über Homs steigen Rauchsäulen auf, das Volk leidet unsäglich. Doch wenn die Analysen von Fachleuten nicht trügen, dann ist das Feuer der Rebellion an den meisten Orten bereits mit Blut gelöscht. In ihrer Hochburg Homs will Assad die Aufständischen ausrotten - wie einst sein Vater die rebellierenden Muslimbrüder in Hama.

Das Übergewicht der Waffen sichert Assad freilich nicht den politischen Erfolg. Hätte er vor elf Monaten bereits das gegeben, was die reformierte Verfassung jetzt theoretisch zugesteht, so wären die meisten innersyrischen Kritiker zufrieden gewesen: die Zulassung von oppositionellen Organisationen, die Abschaffung des politischen Monopols der Baath-Partei, freie Wahlen, eine Beschränkung der Amtszeit des Präsidenten auf zweimal sieben Jahre.

Da er selber seit zwölf Jahren an der Macht ist, blieben Assad noch zwei Jahre - wobei von bevorstehenden Wahlen in der Ankündigung des Referendums nicht die Rede ist. Mit der Formel "zu wenig und zu spät" lassen sich viele gescheiterte Reformanläufe erklären. In Syrien gibt es keine glückliche Lösung - das ist der Fluch des Landes nach fast einem halben Jahrhundert Herrschaft der Assads.

Arabische Beobachter haben nichts genutzt, UN-Blauhelme würden nichts bewirken, russische Vermittlung hat bisher die Bürgerkriegsparteien einander nicht näher gebracht. Doch ein innerer Frieden kommt auf Krücken solcher Art, oder gar nicht. Der Westen ist an das Problem, gnädig gesagt, dilettantisch herangegangen. Dass in Libyen eine simple "Flugverbotszone" mit einem Regimewechsel endete, ist heute ein schweres Hindernis für alle internationalen Bemühungen in Syrien.

© SZ vom 16.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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