Atomstreit mit Iran:Russische Militärs besorgt über Raketentests

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Trotz Drohungen aus den USA soll Teheran nun Raketen getestet haben, die Israel erreichen könnten. Doch es könnte noch schlimmer kommen, warnen russischen Militärs.

Ungeachtet internationaler Proteste hat Iran erneut Raketen getestet. Wie der iranische Sender Press TV berichtete, wurden in der Nacht mehrere Mittelstreckenraketen des Typs Schahab-2 erprobt. Nach Angaben des Brigadegenerals der Revolutionsgarden, Hossein Salami, lagen die Ziele zwischen etwa 300 und 700 Kilometer Reichweite. Die Tests seien erfolgreich gewesen.

Am Morgen sollen zudem Langstreckenraketen des Typs Schahab-3 getestet worden sein. Die Rakete mit einer Reichweite von bis zu 2000 Kilometern, die somit auch Israel erreichen könnte, sei im Rahmen einer Übung abgefeuert worden, berichteten staatliche iranische Medien. Zu sehen waren Bilder vom Raketenabschuss in einer wüstenartigen Region.

Russische Militärs warnen indes vor einer zunehmenden Gefahr durch iranische Raketen. Generalmajor Wladimir Dworkin sagte der russischen Nachrichtenagentur Interfax, nach russischen Informationen forsche Iran mit Hochdruck an Raketen mit bis zu 5500 Kilometern Entfernung.

"Es ist sehr naiv anzunehmen, dass Iran sich solche Technologien nicht aneignen könnte", sagte Dworkin. Er erinnerte daran, dass Iran im Februar seinen ersten selbst gebauten Satelliten in eine Erdumlaufbahn gebracht habe. Die damals verwendete Trägerrakete vom Typ Safir-2 (Botschafter) lasse den Schluss zu, dass Teheran in dieser Forschung relativ weit fortgeschritten sei, sagte der Generalmajor.

Der ehemalige Leiter der Raketenabwehrtruppen in Moskau, General Nikolai Rodionow, sagte, Russland werde iranische Raketentests weiter aufmerksam durch die Radaranlage Gabala in Aserbaidschan verfolgen.

Auch der EU-Außenbeauftragte Javier Solana reagierte mit Besorgnis auf die jüngsten iranischen Raketentests. "Alles, was in diesem Zusammenhang getan wird, gibt Anlass zur Sorge", sagte Solana vor Beratungen der EU-Verteidigungsminister in Göteborg. Zu der iranischen Anlage zur Urananreicherung, deren Existenz Teheran erst kürzlich eingeräumt hatte, erklärte der EU-Chefdiplomat: "Dafür muss sofort eine Lösung mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) gefunden werden."

Die für Donnerstag geplanten Gespräche mit dem iranischen Chefunterhändler Said Dschalili stünden nun "in einem neuen Kontext", sagte Solana. Zu Forderungen der USA, die Sanktionen gegen Iran zu verschärfen, erklärte er indes: "Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber zu reden." Dschalili kommt am Donnerstag in Genf mit Solana und Vertretern der fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrats sowie der Bundesregierung zusammen.

Die iranischen Revolutionsgarden hatten am Sonntagmorgen mit ihren Raketentests begonnen. Bei dem Manöver erprobten sie einen neuen Typ von Kurzstreckenraketen sowie Abschussanlagen. Erst am Freitag hatte Teheran international Besorgnis und scharfe Kritik ausgelöst, als das Mullah-Regime zugab, eine zweite Anlage zur Urananreicherung zu bauen. Iran beteuert, das atomare Material nur für zivile Zwecke nutzen zu wollen. Iran hatte die Raketentests angekündigt.

Ein Sprecher der Revolutionsgarden sagte am Sonntag, Ziel der Militärübung sei es, die Verteidigungsfähigkeit zu verbessern, auch im Fall einer "langanhaltenden ausländischen Invasion". Dazu gehöre auch die Bewertung jüngster technischer Fortschritte bei Boden-Boden-Raketensystemen. Die Raketentests erfolgten in verschieden Etappen und an unterschiedlichen Orten, sagte General Salami weiter.

Internationale Empörung

Iran hatte bereits im Juli 2008 bei einem Großmanöver die modernste Version der Schahab-3-Rakete getestet. Sie hat eine Reichweite von bis zu 2000 Kilometern und könnte damit israelisches Gebiet erreichen. Die militärische Führung Irans hatte mehrfach mit einem Raketenangriff auf den jüdischen Staat für den Fall gedroht, dass die iranischen Atomanlagen von Israel angegriffen würden.

Die Revolutionsgarden bilden neben der regulären Armee die zweite Säule der iranischen Streitkräfte. Ein gemeinsamer Generalstab koordiniert die Einsätze der mehr als 125.000 Revolutionsgardisten und der schätzungsweise 520.000 Mann des offiziellen Militärs. Die sonst von der Militärführung unabhängigen Paramilitärs unterhalten eigene Heeres- und Marineeinheiten, haben moderne Waffensysteme und sollen außerdem für das gesamte iranische Raketenarsenal verantwortlich sein.

International hatten der Plan einer weiteren iranischen Atomanlage und die Raketentests am Wochenende Besorgnis ausgelöst. Vor allem die USA und Israel kritisierten die iranische Regierung massiv.

US-Präsident Barack Obama sprach von einer "ernsthaften Gefahr für die weltweiten Bemühungen zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen". Er forderte die komplette Offenlegung des iranischen Nuklearprogramms und drohte ansonsten mit "Sanktionen, die wehtun". Auch einen Militärschlag schloss er nicht grundsätzlich aus.

Israel forderte "lähmende Sanktionen" gegen Iran. "Wenn nicht jetzt, wann dann?", soll Regierungschef Benjamin Netanjahu US-Politiker Zeitungsberichten zufolge gefragt haben. Israels Außenminister Avigdor Lieberman forderte eine "unmissverständliche Antwort" auf den Bau der neuen Atomanlage. Die Uranfabrik stelle klar, dass Iran Atomwaffen bauen wolle.

© sueddeutsche.de/AFP/dpa/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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