Asylpolitik:Lagebericht vertrödelt

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Seit zwei Jahren ist der Termin klar, dennoch versäumt die Bundesregierung die Frist für einen Report über die sogenannten sicheren Herkunftsländer. Linken-Politikerin Ulla Jelpke spricht von einem "Affront".

Von Bernd Kastner, München

Es ist eines der Dauerthemen in der Asyldebatte: Welches Land kommt auf die Liste der sogenannten sicheren Herkunftsländer? Ausgerechnet bei dieser Streitfrage hat die Bundesregierung nun eine Frist versäumt, die seit zwei Jahren gesetzlich vorgeschrieben ist. Zum 23. Oktober hätte sie dem Bundestag einen Bericht vorlegen müssen, der die aktuelle Situation in den Ländern beschreibt, die auf der Liste stehen - das sind die Westbalkan-Staaten sowie Senegal und Ghana. In dem Papier soll dargestellt werden, ob die Einstufung noch korrekt ist. Wie häufig der Bundestag derzeit tagt, spielt dabei keine Rolle: Der geforderte Bericht existiert bisher nur als Entwurf, er befinde sich "in der Abstimmung". Das teilte die Bundesregierung der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke mit. Warum Bundesinnenministerium und Auswärtiges Amt die Frist versäumt haben, dazu steht nichts in der Antwort.

Das Vorgehen sei "eine Farce und kein ernsthaftes Monitoring", schimpft Linken-Politikerin Jelpke

Jelpke kritisiert das Missachten des Termins als "Affront" gegenüber dem Parlament. Und das, obwohl der Termin seit zwei Jahren feststehe. Zudem kritisiert Jelpke, dass im Rahmen der vorgeschriebenen Überprüfung die Bundesregierung lediglich Berichte des Auswärtigen Amtes und die Asylstatistik berücksichtigen wolle. Unabhängige Einschätzungen von Menschenrechtsorganisationen würden offenbar nicht eingeholt, zumindest erwähnt die Regierung nichts davon. Dieses Agieren sei "eine Farce und kein ernsthaftes Monitoring", schimpft Jelpke. "Die laufende Lageberichterstattung des Auswärtigen Amtes wird vermutlich per copy and paste einfach übertragen." Der Zoff um den Bericht fällt in die Zeit der Jamaika-Gespräche, bei denen die Union die Liste der sicheren Herkunftsstaaten um Algerien, Marokko und Tunesien erweitern will.

Unterdessen veröffentlichte das Bundesinnenministerium die jüngsten Flüchtlingszahlen: Im Oktober kamen 15 000 Asylbewerber neu in Deutschland an. Auf diesem Niveau bewegen sich die Zugangszahlen seit etwa eineinhalb Jahren. Bisher wurden 2017 rund 156 000 Flüchtlinge neu registriert.

© SZ vom 10.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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