Asylbewerber:Mal so, mal so

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Der DGB fordert einheitliche Regeln für Flüchtlinge: Ob ein Asylbewerber, der nur geduldet ist, eine Ausbildung beginnen darf, hänge oft davon ab, in welchem Bundesland er lebt. Betriebe und Flüchtlinge bräuchten aber Klarheit.

Von Bernd Kastner, München

Deutschland könnte bei der Integration von Flüchtlingen schon viel weiter sein, kritisiert der Deutsche Gewerkschaftsbund, wäre nicht dieser "Flickenteppich": Ob ein Asylbewerber, der nur geduldet ist, eine Ausbildung beginnen darf, hänge oft davon ab, welchem Bundesland, ja, welcher Kommune er zugewiesen ist. Länder und Ausländerämter wendeten das Integrationsgesetz unterschiedlich an, kritisiert Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied des DGB, und fordert: Die Bundesländer müssten dringend die Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums "einheitlich regeln, um Rechtssicherheit zu schaffen" - für Flüchtlinge und für Betriebe. Der Staat müsse beiden eine Perspektive eröffnen.

Ein Jahr, nachdem die sogenannte 3+2-Regelung ins Integrationsgesetz aufgenommen wurde, zieht der DGB in einem internen Hintergrundpapier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, eine gemischte Bilanz. Einerseits sei es ein großer Fortschritt, dass abgelehnte, aber geduldete Flüchtlinge eine dreijährige Ausbildung absolvieren dürfen und anschließend zwei Jahre in ihrem Beruf arbeiten können, ohne abgeschoben zu werden. Diese fünf Jahre eröffneten anschließend eine dauerhafte Bleibeperspektive selbst für abgelehnte Asylbewerber. Anerkannte Flüchtlinge haben unbeschränkt Zugang zur Ausbildung. Insgesamt hätten sich aktuell knapp 25 000 Flüchtlinge um einen Ausbildungsplatz beworben, 8200 von ihnen hätten noch keine Stelle. Wie viele von ihnen geduldet sind, werde statistisch nicht erfasst.

Kritisch für die Geduldeten sei vor allem die Phase zwischen Unterzeichnung des Ausbildungsvertrags und dem Beginn der Lehre. Ob in diesen Monaten ein künftiger Azubi abgeschoben werden darf, sei unklar. Das hänge von der Interpretation der örtlichen Behörden ab. Immer wieder sei es in dieser Zeit zu Abschiebungen gekommen, und weil darüber in den Medien berichtet wird, verursachten sie große Unsicherheit, erläutert Volker Roßocha vom DGB. Die Regelung im Stadtstaat Hamburg lobt der DGB, weil dort gelte: Sobald der Vertrag unterschrieben ist, ist die Abschiebung tabu.

Bundesweit uneinheitlich geregelt sei auch, wie sicher künftige Azubis vor einer Zwangsrückkehr sind, wenn sie vor der Lehre noch eine Qualifizierung durchlaufen. In dieser Zeit investierten Betriebe schon Geld in die jungen Leute, oft ohne Garantie, dass der Flüchtling tatsächlich bleiben dürfe, sagt Roßocha. Der DGB kritisiert vor allem Bayern, wo der Zugang zur Ausbildung besonders restriktiv gehandhabt werde; Afghanen etwa hätten kaum eine Chance.

© SZ vom 12.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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