Asyl:Ungewollte Nachbarn

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In Nordrhein-Westfalen könnte ein ehemaliges Schwesternwohnheim als Unterkunft für Flüchtlinge genutzt werden, doch der Besitzer will das Haus lieber abreißen - eine benachbarte Klinik könnte sich an den Ausländern stören.

Von Bernd Dörries, Düsseldorf

Nun kommen die Bagger, und dann gibt es kein Zurück: Seit vielen Wochen haben sich alle großen Parteien im nordrhein-westfälischen Leichlingen für den Erhalt eines ehemaligen Schwesternwohnheims eingesetzt, Flüchtlinge sollten dort einziehen. "Es wäre eine ideale Lösung", sagt Matthias Ebecke, SPD-Fraktionschef im Stadtrat. Trotzdem wird das Wohnheim wahrscheinlich abgerissen. Es steht neben der Herz-Reha-Klinik Roderbirken und gehört der Deutschen Rentenversicherung Rheinland. Die Klinik braucht das Gebäude nicht mehr, ihre Mitarbeiter wohnen nicht mehr auf dem Gelände. Das Gebäude ist teilweise noch eingerichtet, 96 Räume gibt es. Die Stadt war bereit, die Kosten für die Instandsetzung zu bezahlen, doch die Versicherung will es lieber abreißen und führt dazu immer neue Gründe an. Zuerst verwies man auf ein Gutachten des Bundesrechnungshofs, wonach man sich von überflüssigem Besitz zu trennen habe. Ein Verkauf des Schwesternwohnheims hätte aber nicht nur die Kosten eines Abrisses eingespart, sondern überdies noch Geld gebracht. Mittlerweile argumentiert die Rentenversicherung, der Zustand des Gebäudes sei so schlecht, dass eine Renovierung zu teuer werde. Konkrete Zahlen nannte sie nicht. "Ich kann das nicht nachprüfen", sagt Bürgermeister Frank Steffes.

Viele in der Stadt vermuten, dass die Rentenversicherung und die Klinikleitung schlicht keine Lust haben auf Ausländer in unmittelbarer Nachbarschaft. In einem Gespräch mit dem Bürgermeister wies die Rentenversicherung darauf hin, dass man, sollten auf dem Gelände Flüchtlinge einquartiert werden, die Stadt für Schadenersatz haftbar machen würde, wenn wegen der neuen Nachbarn die Auslastung der Klinik sinke. "Das ist Rassismus", sagt ein Ratsmitglied, das namentlich nicht genannt werden möchte. Ein Sprecher der Rentenversicherung sagt, "wir wissen nicht, wie Patienten darauf reagieren". In den kommenden Tagen soll der Abriss weitergehen. SPD-Fraktionschef Ebecke hofft nun auf die Hilfe von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

© SZ vom 07.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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