Asyl:Lob des Abwartens

Die Anträge afghanischer Flüchtlinge bleiben liegen - ein Glück.

Von Bernd Kastner

Eine Behörde lässt ihre Arbeit liegen - und man muss sie dafür loben. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat Entscheidungen zu Asylanträgen von Afghanen vorübergehend ausgesetzt. Es ist sinnvoll abzuwarten, wie das Auswärtige Amt demnächst die Sicherheitslage in Afghanistan im neuen Lagebericht einschätzt. Würde das Bamf weiter routinemäßig entscheiden und, wie politisch gewünscht, viele Anträge ablehnen, gerade von alleinstehenden Männern - es würden noch mehr Bescheide angefochten werden und vor den überlasteten Verwaltungsgerichten landen.

Die offizielle Neubewertung der Lage am Hindukusch ist überfällig. Es bedurfte erst des verheerende Anschlags auf die deutsche Botschaft mit mindestens 150 Toten und die öffentliche Debatte, ehe Berlin fragt: Wie sicher ist dieses Land wirklich, in das wir abschieben?

So richtig das Moratorium ist, so wichtig wäre es, wenn die Bundesregierung im nächsten Lagebericht eingestehen würde: Afghanistan ist kein sicheres, auch kein teilweise sicheres Land. Dann würden sich hoffentlich auch die Bamf-Entscheider trauen, mehr Afghanen Schutz zuzusprechen. Das würde in der afghanischen Community in Deutschland die Angst, ja teilweise Panik vor Abschiebungen dämpfen. Verzweifelte und Traumatisierte würden wieder ruhiger schlafen, ohne Angst, dass jeden Moment die Polizei an der Tür klingeln könnte.

© SZ vom 04.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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