Asyl:Flammendes Plädoyer

EuGH-Generalanwalt Paolo Mengozzi führt die EU-Praxis vor.

Von Wolfgang Janisch

Visa für Asylbewerber? Der Vorschlag aus Luxemburg würde die derzeit so dezidiert auf Abschottung bedachte europäische Flüchtlingspolitik auf den Kopf stellen. Das Recht, einen Asylantrag überhaupt nur stellen zu dürfen, würde nicht mehr jenen vorbehalten, die den Weg nach Europa schaffen - unter welchen Gefahren auch immer. Es würde denen gewährt, die akut von Verfolgung bedroht sind und denen kein Ausweg mehr offensteht. Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs will einen legalen Zugang nach Europa schaffen, für jene, die wirklich Hilfe benötigen.

Sein Gutachten läuft letztlich auf eine Art Weltgeltung des europäischen Asylrechts hinaus. Man wird daher daran zweifeln dürfen, ob er sich damit durchsetzt. Denkbar ist aber, dass Paolo Mengozzi, der ein altgedienter Generalanwalt ist, der EU und ihren Mitgliedstaaten den Spiegel vorhalten wollte. Mit der Verweigerung von Visa treibe man die Menschen in die Arme jener Schleuser, welche die EU zugleich mit großem Aufwand zu bekämpfen versuche, schreibt Mengozzi.

Sein flammendes Plädoyer ist letztlich der fast schon verzweifelte Ruf eines Juristen, der sich nicht damit abfinden will, dass die sonst so hoch gepriesenen Grundrechte ausgerechnet im Angesicht des größten Elends wirkungslos bleiben sollen. Selbst wenn die EU-Richter ihm nicht folgen sollten - die europäische Politik sollte sich das zu Herzen nehmen.

© SZ vom 08.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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