Asyl:Bisher kaum Abschiebungen

Die Vereinbarung mit Afghanistan über die Rücknahme von Flüchtlingen ist bei der Opposition und bei Menschenrechtsorganisationen auf heftige Kritik gestoßen. 2015 mussten aber nur neun Afghanen zurück.

Von Jan Bielicki

Die Vereinbarung zwischen der EU und Afghanistan über die Rücknahme von Flüchtlingen ist bei der Opposition in Berlin und bei Menschenrechtsorganisationen auf heftige Kritik gestoßen. Das "Gefeilsche mit Geflüchteten" sei "schlicht menschenverachtend", sagte die linke Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke. Die Kämpfe um die Stadt Kundus zeigten, "dass jede Abschiebung in dieses Land eine Gefahr für Leib und Leben bedeutet". Der grüne Abgeordnete Uwe Kekeritz nannte die Pläne im SWR-Inforadio "zynisch", die Sicherheit in Afghanistan sei "nicht gegeben". Abschiebungen dorthin seien "verantwortungslos", sagte auch der Geschäftsführer des Verbandes Pro Asyl, Günter Burkhardt.

Nach den Syrern stellen Afghanen die zweitgrößte Gruppe unter den Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen. In den ersten acht Monaten dieses Jahres registrierten die deutschen Behörden 43 000 Neuankömmlinge aus Afghanistan, das waren etwa ein Sechstel aller Schutzsuchenden. Ihre Chancen, vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als schutzbedürftig anerkannt zu werden, stehen bei 50 : 50. Die Hälfte der etwa 15 500 afghanischen Asylbewerber, über die das Amt in diesem Jahr bisher entschied, wurde anerkannt, die andere Hälfte abgelehnt.

Unter allzu großer Gefahr, abgeschoben zu werden, lebten die Abgelehnten bislang jedoch nicht. Zwar gilt für Afghanistan bereits seit mehr als zehn Jahren kein offizieller Abschiebestopp mehr, tatsächlich abgeschoben aber wurde kaum jemand Richtung Kabul - 2015 waren es genau neun afghanische Staatsbürger.

© SZ vom 06.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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